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Anrechnungsgebot bei parallelem Bezug von Versorgung und Aktivvergütung des GGF

Geschrieben von Nadine Wiese | 31.10.24 10:40

Der Bundesfinanzhof (im Folgenden BFH) und das Bundesministerium der Finanzen (im Folgenden BMF) hatten sich mit der Frage zu beschäftigen, ob der Bezug einer Pension bei Fortsetzung der aktiven Tätigkeit eines beherrschenden GGF eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) auslöst.

Leitsätze, BFH-Urteil vom 15.03.2023 – I R 41/19

  1. Aus steuerrechtlicher Sicht ist es nicht zu beanstanden, ein Versorgungsversprechen der Kapitalgesellschaft nicht von dem endgültigen Ausscheiden des Begünstigten aus dem Dienstverhältnis als Geschäftsführer, sondern allein von dem Erreichen der Altersgrenze abhängig zu machen. In diesem Fall würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter allerdings grundsätzlich verlangen, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit – ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs – aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat.
  1. Wird allerdings nach dem Eintritt des Versorgungsfalles neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer für diese Tätigkeit lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, liegt nach der Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs dann keine gesellschaftliche Veranlassung vor, wenn die Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreitet.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob die an den beherrschenden Gesellschafter einer GmbH gezahlte Altersversorgung bei Wiederaufnahme der Geschäftsführertätigkeit als vGA einkommenserhöhend zu berücksichtigen ist.

K (= Kläger) war Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer 1983 gegründeten GmbH. 2007 wurde die ihm 1994 erteilte Versorgungszusage geändert u. a. wie folgt: „Wenn Sie nach Vollendung des 68. Lebensjahres das Arbeitsverhältnis beenden, haben Sie Anspruch auf eine lebenslange Altersrente. Die Altersrente beträgt monatlich 2.300 €.“

2010 vollendete K das 68. Lebensjahr. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag wurde beendet und K als Geschäftsführer abberufen. Gleichzeitig wurde ihm die zugesagte Altersrente gezahlt.

2011 wurde K erneut zum Geschäftsführer der GmbH bestellt. Laut Anstellungsvertrag erhielt er ab dem 01.03.2011 ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 1.000 € sowie eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsgehalts. Die Versorgungszahlungen sollten danach unberührt bleiben. Das Finanzamt betrachtete im Körperschaftsteuerbescheid für 2015 die zusätzlich zum Geschäftsführergehalt gezahlten Versorgungsleistungen als vGA.

Das Finanzgericht Münster gab der hiergegen gerichteten Klage mit Urteil vom 25.07.2019 (10 K 1583/19 K) statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH insoweit keinen Erfolg.

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH ist es aus steuerrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, ein Versorgungsversprechen der Kapitalgesellschaft nicht von dem endgültigen Ausscheiden des Begünstigten aus dem Dienstverhältnis als Geschäftsführer, sondern allein von dem Erreichen der Altersgrenze abhängig zu machen. In diesem Fall würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter allerdings grundsätzlich verlangen, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit – ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs – aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat.

Werde allerdings nach dem Eintritt des Versorgungsfalles neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer für diese Tätigkeit lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, liege nach der Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs dann keine gesellschaftliche Veranlassung vor, wenn die Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreite.

Etwas anderes könne gelten, wenn die Beschäftigung mit reduzierten Arbeitszeiten erfolgt. Dann könne es sein, dass die volle Ausschöpfung der Differenz zu einer vGA führt. Es könne dann eine anteilige Kürzung der Differenz erforderlich werden. Dies nahm der BFH im konkreten Fall allerdings nicht an. Denn die Summe von Versorgung und neuem Gehalt lag bei K lediglich bei 26 % seiner vormaligen Aktivbezüge. Damit war die „steuerunschädliche Differenz“ nach Ansicht des BFH nicht ausgeschöpft.

Änderung BMF Schreiben

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten BFH Rechtsprechung präzisierte das BMF sein Schreiben vom 18.09.2017 mit Schreiben vom 30.08.2024 - IV C 2 -S 2742/22/10003 :009. Das BMF folgt der BFH-Rechtsprechung insoweit, als bei voller Weiterbeschäftigung keine vGA eintritt, wenn die Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreitet. Bei einer Weiter-/Neubeschäftigung des GGF mit reduzierten Arbeitszeiten/Aufgabenbereichen werde hingegen eine vGA ausgelöst, da diese Tätigkeit nicht mit dem Aufgabenbild eines GGF vereinbar sei.

Folgen für die Praxis:

Ein gleichzeitiger Bezug von Pension und Aktivbezug ist sowohl nach Ansicht des BFH als auch nach Ansicht des BMF nicht ohne weiteres als vGA zu betrachten. Das gilt zumindest dann, wenn der GGF seine Tätigkeit zu 100 % fortsetzt (oder eine neue Tätigkeit mit gleichem Umfang aufnimmt). Dann darf die Summe aus Pension und Aktivbezug die Höhe der letzten Aktivbezüge nicht übersteigen (Höchstsumme).

Nach Ansicht des BFH ist eine Teilzeit-Tätigkeit des GGF nach Eintritt in den Ruhestand grundsätzlich als zulässig anzusehen. Die Frage, welche Höchstsumme (Pension zuzüglich neues Aktivgehalt) in diesen Fällen zulässig ist, wird aber offengelassen. Sicher ist nur, dass im entschiedenen Fall 26 % des vormaligen Aktivgehalts diese Höchstsumme nicht ausschöpft.

Das BMF hält hingegen eine Teilzeittätigkeit eines GGF mit dem Berufsbild für unvereinbar. In einem Rechtsstreit ist vor dem dargestellten Hintergrund davon auszugehen, dass der BFH von der Ansicht des BMF abweichen wird. Allerdings enthält die Ansicht des BFH auch Unklarheiten zur Höhe der Gesamtvergütung.

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