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BAG zur Gewährung des gesetzlichen 15-%-Zuschusses im Zusammenhang mit bestehenden Tarifverträgen – Teil III

Geschrieben von Livia Schäfer | 02.05.25 08:10
  • Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 11.03.2025 – 3 AZR 53/24 (bislang nur Pressemitteilung) sowie Parallelverfahren 3 AZR 75/24
  • Von den gesetzlichen Regelungen zur Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG inkl. des Arbeitgeberzuschusses nach § 1a Abs. 1a BetrAVG kann gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG auch in Tarifverträgen abgewichen werden, die bereits vor Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes am 01.01.2018 geschlossen wurden
  • Tarifverträge, die die Entgeltumwandlung, aber keinen Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss regeln, stellen eine zulässige abweichende Regelung i.S.d. § 19 Abs. 1 BetrAVG dar

Sachverhalt (vereinfacht dargestellt):
Die Parteien streiten um die Gewährung des gesetzlichen 15-%-Zuschusses zur Entgeltumwandlung.
Der Kläger ist bei dem beklagten Arbeitgeber im öffentlichen Dienst beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden Kraft beidseitiger Tarifbindung die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes der Kommunen Anwendung; u.a. der zum 01.01.2003 in Kraft getretene Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung (TV EU). Auf Grundlage des TV EU wandelt der Kläger monatlich Entgelt um. Der TV EU enthält keine Zuschussregelung.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Zahlung des gesetzlichen Arbeitgeberzuschusses in Höhe von 15 % seines Umwandlungsbetrages gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG.
Der Kläger ist der Ansicht, der TV EU sei keine abweichende Regelung im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrAVG. Der Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Zuschusses gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG könne gem. § 19 Abs. 1 BetrAVG nicht durch eine tarifvertragliche Regelung zur Entgeltumwandlung ausgeschlossen werden, die bereits vor Inkrafttreten der Regelung in § 1a Abs. 1a BetrAVG bestanden habe. Darüber hinaus könne ein Tarifvertrag, der über eine Zuschussregelung schweigt, keine Abbedingung sein.
Die Vorinstanzen – zuletzt das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.10.2023 – 4 Sa 23/23 – haben der Klage stattgegeben. Die Revision des Beklagten hatte Erfolg.

Entscheidung:
Nach Ansicht des BAG kann von den gesetzlichen Regelungen zur Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG inkl. des Arbeitgeberzuschusses nach § 1a Abs. 1a BetrAVG gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG auch in Tarifverträgen abgewichen werden, die bereits vor Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes am 01.01.2018 geschlossen wurden. Der TV EU sei eine solche abweichende Regelung, obwohl er keine Zuschussregelung enthalte. Es bedürfe aber weder einer konkreten noch einer ausdrücklichen Abbedingung der gesetzlichen Zuschussregelung. Auch eine sonstige Kompensation hält das BAG nicht für erforderlich.
Bislang liegt lediglich eine Pressemitteilung vor. Sollten sich aus der Begründung des Urteils, die erfahrungsgemäß in wenigen Monaten vorliegen wird, weitere Details ergeben, werden wir an dieser Stelle berichten.

Hinweis:
Das Urteil ist wenig überraschend.
Aus der Urteilsbegründung des BAG-Urteils vom 20.08.2024 – 3 AZR 286/23 ließ sich bereits entnehmen, dass nach Ansicht des BAG auch Tarifverträge aus der Zeit vor dem Betriebsrentenstärkungsgesetz, die zwar die Entgeltumwandlung regeln, aber keine Zuschussregelung enthalten, ebenfalls eine zulässige Abweichung im Sinne des Gesetzes darstellen. Wir berichteten an entsprechender Stelle. Das BAG begründet dies v.a. damit, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Gesetzgeber lediglich Regelungen in Tarifverträgen zur Entgeltumwandlung privilegieren wollte, die einen geringeren Zuschuss als den in § 1a Abs. 1a BetrAVG geregelten enthalten. Sinn und Zweck der Regelung sei es außerdem, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für bereits bestehende Tarifverträge zur Entgeltumwandlung zu schaffen. Nach Ansicht des BAG konnten sich die Tarifvertragsparteien auch bei schon bestehenden, von § 1a Abs. 1a BetrAVG abweichenden Regelungen bewusst für einen anderen Ausgleich der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorteile des Arbeitgebers und entsprechenden Nachteile des Arbeitnehmers bei der Entgeltumwandlung entschieden haben; wobei eine Kompensation nach der Pressemitteilung zum Urteil vom 11.03.2025 noch nicht einmal erforderlich ist.
Das BAG hat am selben Tag in einem Parallelverfahren (3 AZR 75/24) zum zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und dem Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. geschlossenen Tarifvertrag über die Förderung einer tariflichen Altersvorsorge und Entgeltumwandlung (TV AV) ebenso entschieden. Die Regelungen zur Entgeltumwandlung des TV AV gelten seit 01.01.2002. Auch dieser enthält keine Zuschussregelung.
Nach § 19 Abs. 3 BetrAVG kann ausschließlich in Tarifverträgen zuungunsten der Arbeitnehmer von den in § 19 Abs. 1 BetrAVG genannten Vorschriften abgewichen werden. D.h. durch Tarifvertrag könnte vorgesehen werden, dass kein Arbeitgeberzuschuss bzw. nur ein Zuschuss von weniger als 15 % gewährt wird; auch könnte sogar geregelt werden, dass eine Entgeltumwandlung nicht zulässig ist.

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