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Beitragspflicht von Leistungen aus einer Sofortrente

Geschrieben von Marco Westermann | 20.10.17 11:35

BSG-Urteil vom 10.10.2017

B 12 KR 1/16 R
Die Kapitalleistung aus einer Direktversicherung (DV) und einer Sofortrentenzahlung sind beitragsrechtlich als getrennte Versicherungsleistungen anzusehen.
Ein freiwillig Versicherter hat grundsätzlich beide Einnahmen zu verbeitragen. Bei wirtschaftlicher Identität verdrängt die fiktive Einnahme aus der Kapital-DV die Einnahme aus der Sofortrente.

Sachverhalt: (vereinfacht dargestellt)
Der Kläger ist freiwillig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versichert. Aus der für ihn abgeschlossenen Direktversicherung erhielt er im März 2013 eine Kapitalzahlung von knapp 116.000 Euro; hiervon investierte der Kläger gut 112.000 Euro als Einmalprämie in eine Sofortrentenversicherung.

Die beklagte Krankenkasse berücksichtigte zunächst monatlich 1/120 des Zahlbetrags der Kapitalleistung als fiktive monatliche Einnahme (sog. 120-Regelung); nach Information über die Gewährung der Sofortrente errechnete die Krankenkasse aus der Sofortrente ebenfalls Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung. Mit dem Argument, der Auszahlungsbetrag aus der Direktversicherung sei ihm nicht wirtschaftlich zugeflossen, da er ihn fast vollständig in eine sofort beginnende Rentenversicherung investiert habe, klagte der Kläger gegen die Beitragsfestsetzung.

Entscheidung:
Die Vorinstanz (LSG Rheinland-Pfalz — L 5 KR 84/15) hatte noch die Beitragspflicht sowohl für die Kapitalleistung aus der Direktversicherung als auch für Rentenzahlungen aus der Sofortrente bejaht und hierin keine (unzulässige) Doppelverbeitragung gesehen. Nach dem Terminbericht zur Verhandlung vom 10.10.2017 kommt das Bundessozialgericht aufgrund einer „wertenden Betrachtung“ dagegen zu einem anderen Ergebnis. Das BSG stellt zunächst klar, dass die Kapitalleistung aus der Direktversicherung zu Recht der Beitragsbemessung zugrunde gelegt worden sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der größte Teil der Kapitalleistung zur Finanzierung der Sofortrentenversicherung verwandt worden sei. Denn Verfügungen über den Zahlbetrag beeinflussten die Beitragspflicht grundsätzlich nicht.
Die Sofortrente sei auch nicht im Wege der sog. rechtsgeschäftlichen Surrogation an die Stelle der Kapitalleistung getreten, denn sie werde nicht zur Abgeltung des Anspruchs auf die Kapitalleistung gezahlt, sondern aufgrund des unabhängig von der Direktversicherung bestehenden [neuen] Sofortrentenvertrags. Die Sofortrente könne auch nicht anstelle der Kapitalleistung verbeitragt werden. Denn die Beitragspflicht von Kapitalleistungen [der bAV] solle verhindern, dass laufende Bezüge zum Zweck einer Beitragsbefreiung in einmalige umgewandelt werden. Eine solche Umgehungsmöglichkeit bestünde jedoch, wenn ein Pflichtversicherter die Kapitalleistung aus einer Direktversicherung zur Finanzierung einer Sofortrente einsetze. Denn die Sofortrente sei als private Vorsorge — anders als bei freiwillig Versicherten — für den Pflichtversicherten beitragsfrei.
Allerdings verneint das BSG im Ergebnis eine doppelte Beitragspflicht. Denn bei wertender Betrachtung — so das BSG — bestehe zwischen beiden Einnahmen [d.h. der fiktiven 1/120-Kapitalleistung und der Sofortrente] eine wirtschaftliche Identität. Solange aus einer Kapitalleistung aufgrund rechtlicher Fiktion monatlich 1/120 der Kapitalleistung als monatliche Einnahme der Beitragserhebung zugrunde gelegt werde, dürften diese fingierten monatlichen Einnahmen die tatsächlich erzielten "Einnahmen oder Geldmittel" [aus der Sofortrente] bei der Beitragserhebung verdrängen.

Fazit:
Nach dem Terminbericht des BSG verdrängt, solange die Kapitalleistung aus der Direktversicherung nach der 1/120-Regelung verbeitragt wird, diese die an sich für den freiwillig Versicherten ebenfalls beitragspflichtige Sofortrente. Im Umkehrschluss unterliegt dann aber nach Ablauf der 120 Monate die monatliche Sofortrente der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.