Gesetzlicher Mindestlohn gilt nachrangig zu (tarif-)vertraglichen Regelungen
Entgeltumwandlung im gesetzlichen Mindestlohn zulässig
Entgeltumwandlung im tarifvertraglichen Mindestlohn nur mit Öffnungsklausel möglich
Während in der Vergangenheit nur in einzelnen Branchen und meist durch Tarifverträge ein Mindestlohn vereinbart war, gilt seit dem 01.01.2015 nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn von derzeit 8,50 Euro. Nachfolgend wird das Verhältnis zwischen dem gesetzlichen Mindestlohn und sonstigen, bereits geltenden Mindestlöhnen skizziert. Außerdem werden die Auswirkungen des jeweiligen Mindestlohns auf den Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung aus § 1a BetrAVG aufgezeigt.
Nach § 1 Abs. 3 MiLoG tritt dieses Gesetz hinter andere Mindestlohnregelungen zurück. Hierzu zählen die bisher auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und des Arbeitnehmer-ÜberlassungsG (AÜG) ergangenen Rechtsverordnungen zur Etablierung tariflicher Mindestlöhne bzw. Lohnuntergrenzen sowie nach § 5 Tarifvertragsgesetz (TVG) für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG sowie §§ 5 und 6 AEntG. Damit haben alle anderen Rechtsgrundlagen, welche einen verbindlichen Mindestlohn etablieren, Vorrang vor dem Mindestlohngesetz. Allerdings gilt dies nur insoweit, als diese anderen Rechtsgrundlagen den gesetzlichen Mindestlohn erreichen oder überschreiten. Falls dies nicht der Fall ist, gilt insoweit für die Höhe des Mindestlohns das MiLoG. Hinsichtlich der übrigen Regelungen bleiben die anderen Regelwerke (wie das Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder das Arbeitnehmer-ÜberlassungsG) aber anwendbar.
Der gesetzliche Mindestlohn gilt ab 01.01.2015 für alle Branchen. Manche Branchen (z.B. Landwirtschaft, Teile des Hotel- und Gaststättengewerbes, Taxigewerbe, diverse Bereiche aus dem Lebensmittelhandwerk [d.h. Bäcker, Fleischer] sowie das Friseurhandwerk) sahen für sich Probleme beim Übergang.
Um jedoch für diese Branchen in der Einführungsphase die Beschäftigungsneutralität des allgemeinen Mindestlohns abzusichern, gilt für diese Branchenmindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Arbeitnehmer-ÜberlassungsG eine Übergangsregelung (§ 24 Abs. 1 MiLoG). Sachnahen und für die Branche repräsentativen Tarifpartnern wird hierdurch die Möglichkeit eingeräumt, für ihre Branche eine niedrigere Mindestlohnhöhe zu bestimmen, wenn die Regelungen des Tarifvertrags für alle unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitgeber mit Sitz im In- und Ausland sowie deren Arbeitnehmer verbindlich gemacht worden sind. Dadurch wird eine stufenweise Heranführung der Entlohnungsbedingungen an den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro bis zum 01.01.2017 ermöglicht und hinreichend Vorlaufzeit für gegebenenfalls erforderliche branchenspezifische Anpassungsprozesse gelassen.
Einen Rechtsrahmen, um höhere branchenspezifische Mindestlöhne für alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer einer Branche verbindlich zu machen, bietet das jetzt neugefasste Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Der Mindestlohn ergibt sich für diese Branchen jedoch nicht unmittelbar aus dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Vielmehr muss für eine der genannten Branchen ein Mindestlohntarifvertrag abgeschlossen worden sein und dieser muss auf alle Arbeitnehmer dieser Branche durch Rechtsverordnung staatlich erstreckt (= für allgemeinverbindlich erklärt) worden sein. Der Verordnungsgeber knüpft also zur Festsetzung der Branchenmindestlöhne an die vorgefundenen autonomen Vereinbarungen der Tarifpartner an und trägt somit den Besonderheiten der jeweiligen Branche Rechnung.
Nur in der Pflegebranche ist die Grundlage der Erstreckung von Mindestlöhnen nicht eine tarifvertragliche Regelung, sondern die Empfehlung einer aus acht Branchenvertretern bestehenden Kommission.
Für den gesetzlichen Mindestlohn ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 3 MiLoG, dass die Entgeltumwandlung weiter zulässig ist, also keinen Verstoß gegen das Mindestlohngebot darstellt (vgl. BT-Drucks. 18/1558, S. 43).
Soweit es sich um einen tarifvertraglichen Mindestlohn handelt, verbleibt es beim bislang bereits geltenden Grundsatz, dass eine Entgeltumwandlung nur bei einer tarifvertraglichen Öffnungsklausel zulässig ist, § 17 Abs. 5 BetrAVG.
Soweit der Mindestlohn aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes i.V.m. einer Rechtsverordnung gilt (wie beispielsweise nach der Zweiten Pflegearbeitsbedingungenverordnung vom 27.11.2014), handelt es sich insoweit nicht um einen tariflichen, sondern einen kraft Rechtsverordnung bestehenden Mindestlohn. Damit greift der Tarifvorbehalt nach § 17 Abs. 5 BetrAVG nicht, so dass eine Entgeltumwandlung zulässig ist.
Entsteht der Mindestlohn aufgrund eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages, handelt es sich um einen tariflichen Mindestlohn, so dass eine Entgeltumwandlung ohne Öffnungsklausel unzulässig ist, § 17 Abs. 5 BetrAVG. Dieses gilt natürlich auch, wenn der entsprechende Tarifvertrag — wie im Bereich der Baubranche — auf dem Arbeitnehmer-EntsendeG beruht.
Fazit
Das Mindestlohngesetz stellt grundsätzlich die Untergrenze für den zu zahlenden Lohn dar; eine Entgeltumwandlung dieses gesetzlichen Mindestlohns ist aber unproblematisch zulässig. Im Übrigen hat sich an der Frage der Zulässigkeit einer Entgeltumwandlung eines tariflichen bzw. auf einer Rechtsverordnung beruhenden Mindestlohns durch das Mindestlohngesetz nichts geändert.