- Referentenentwurf eines BRSG II liegt vor
- Wichtige Punkte wurden angegangen, viele Wünsche bleiben aber offen
- Verbände haben zum Referentenentwurf Stellung genommen
Lang erwartet und nun endlich vorgelegt: Ein zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG II) liegt in einem Referentenentwurf vor. Wie der Name schon vermuten lässt, ist es Ziel des Änderungsgesetzes, die betriebliche Altersversorgung (bAV) zu stärken, indem ihre Verbreitung in deutschen Unternehmen erhöht wird. Und das ist auch notwendig, denn es ist wohl unstrittig, dass die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung (gRV) allein regelmäßig nicht ausreichen, um den Lebensstandard im Ruhestand aufrechterhalten zu können.
Für die ergänzende Altersversorgung bietet sich die bAV hervorragend an. Doch leider ist deren Verbreitung insbesondere in klein- und mittelständischen Unternehmen unbefriedigend. Ob sich das im Falle der Umsetzung der im vorliegenden BRSG II-Entwurf enthaltenen Änderungen ändert, wird sich zeigen.
Zweifel daran sind aber angebracht, da die Politik hier einmal mehr nur halbherzig zu agieren scheint und die Chance auslässt, einen größeren Wurf für die bAV zu machen. Dementsprechend fallen auch erste Reaktionen von Fachverbänden und anderen Stakeholdern zum Referentenentwurf aus. Andererseits ist man als bAV-Praktiker inzwischen schon mit wenig zufrieden, ganz nach dem Motto: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.
Die wesentlichen Inhalte des Referentenentwurfs:
- Die Abfindungsgrenze von Kleinstanwartschaften soll mit Zustimmung des Arbeitnehmers verdoppelt werden: Allerdings erfolgt die Verdoppelung von 1 % auf 2 % (bzw. bei Kapitalleistungen von zwölf auf 24 Zehntel) der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nur, wenn der Abfindungsbetrag in die gRV eingezahlt wird.
- Vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente: § 6 BetrAVG sieht bisher vor, dass ein Anspruch auf (vorgezogene) Betriebsrente nur besteht, wenn der Versorgungsberechtigte eine Vollrente aus der gRV bezieht. Künftig soll für diesen Anspruch der Bezug einer gesetzlichen Teilrente ausreichen.
- Opting-out-Modelle: Bei solchen Modellen kommt es automatisch zu einer Entgeltumwandlung des Mitarbeiters, sofern dieser nicht widerspricht. Dadurch wird regelmäßig eine höhere Durchdringung mit bAV in Betrieben erzielt. Der Entwurf sieht vor, dass Opting-out-Modelle zukünftig durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung eingeführt werden können – bisher bedurfte es dafür eines Tarifvertrages. Wird die Entgeltumwandlung auf diesem Wege eingerichtet, muss der Arbeitgeber unabhängig vom Durchführungsweg und von einer etwaigen Sozialversicherungsersparnis pauschal 20 % Zuschuss zahlen. Die Leistungen aus dem Zuschuss sind genau wie jene aus der Entgeltumwandlung selbst sofort unverfallbar. Der 15 %-ige Zuschuss zur Entgeltumwandlung für die Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds, wie er in § 1a Abs. 1a BetrAVG geregelt ist, ist mit dem 20 %-igen Zuschuss bei Opting-out-Modellen abgegolten.
- Sozialpartnermodelle (SPM): Der Anschluss von nicht-tarifgebundenen Unternehmen und Beschäftigten an SPM soll erleichtert werden, um mehr Unternehmen den Zugang zur erst 2018 neu eingeführten Zusageart „reine Beitragszusage“ (rBZ) zu ebnen. Die rBZ ermöglicht Arbeitgebern eine bAV, bei der sie sich mit der Zahlung des vereinbarten Beitrags an den die rBZ durchführenden Versorgungsträger jeglicher Haftung aus der bAV entledigen. Man spricht hier von „pay and forget“. Der Anschluss an SPM bleibt aber begrenzt auf den Organisationsbereich derjenigen Gewerkschaft, die das SPM trägt. Dabei ist keine Beteiligung der „neuen Teilnehmer“ an der Durchführung und Steuerung erforderlich. Für die Teilnahme nicht tarifgebundener Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedarf es einer Zustimmung der das SPM tragenden Tarifpartner. Zudem können nicht Tarifgebundene an den Kosten des SPM beteiligt werden.
- Geringverdienerförderbetrag: Die Förderung nach § 100 EStG soll nach dem Entwurf angehoben und dynamisiert werden. Der Höchstbeitrag wird danach auf 1.200 Euro (statt bislang 960 Euro) angehoben, der maximale Zuschuss für Arbeitgeber steigt damit auf 360 Euro (bisher 288 Euro). Zusätzlich wird die Einkommensgrenze auf 3 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung West (Renten-BBG) erhöht und dynamisiert. Insbesondere diese Dynamisierung ist sehr zu begrüßen und längst überfällig, wurde sie doch schon beim ursprünglichen BRSG-Entwurf im Jahre 2017 von Fachleuten angemahnt aber vom Gesetzgeber nicht umgesetzt. Durch die Dynamisierung kann künftig vermieden werden, dass Mitarbeitende allein durch übliche (tarifliche) Lohnerhöhungen im Laufe der Zeit aus dem Kreis der Förderberechtigten herausfallen.
- Fortführungsrecht nach entgeltfreien Zeiten: § 212 VVG soll dahingehend geändert werden, dass für alle Zeiten eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses ohne Entgeltbezug der Anspruch besteht, eine Lebensversicherung, die im Rahmen einer Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG abgeschlossen wurde, innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der entgeltlosen Zeit zu den bisherigen Konditionen fortgeführt zu werden. Bisher galt dieses Recht nur für die Elternzeit.
- Pensionskassen sollen mehr Freiräume bei der Kapitalanlage erhalten und die Bedeckungsvorschriften sollen gelockert werden. Aufgrund des Wegfalls der Hinzuverdienstgrenzen bei Altersrenten aus der gRV sollen Pensionskassen künftig bereits auch dann Leistungen erbringen dürfen, wenn der Versorgungsberechtigte nur eine Teilrente aus der gRV bezieht.
- Pensionsfonds dürften künftig auch „offiziell“ Ratenzahlungen erbringen (wurde bisher von der BaFin aber schon gestattet). Dies spielt aber nur für die Auslagerung von Pensionszusage eine Rolle – bei der Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG sind Ratenzahlungen weiterhin keine zulässige Auszahlungsform.
Wie eingangs bereits erwähnt wurde es versäumt, auch andere für die Praxis und damit für die Verbreitung der bAV wichtige Themen im Referentenentwurf für ein BRSG II aufzugreifen. Zu nennen sind hier beispielsweise:
- Absenkung der Mindestgarantie bei der Beitragszusage mit Mindestleistung
- Gesetzliche Klarstellung, dass eine beitragsorientiere Leistungszusage keine 100 %-ige Bruttobeitragsgarantie erfordert
- Verbesserung der Portabilität bei SPM: Übertragungsmöglichkeit von Deckungskapitalien aus der rBZ in die bAV I
- Harmonisierung des sozialversicherungsrechtlich geförderten Beitragsaufwands mit den steuerlichen Grenzen des § 3 Nr. 63 EStG
- Absenkung des Zinses nach § 6a EStG
- …
Aber wie gesagt: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Und vielleicht finden einige dieser Punkte aufgrund der Verbandsstellungnahmen ja noch Gehör in der Politik und Eingang in das Gesetz.
Das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren soll nach der Zustimmung des Bundeskabinetts im Spätsommer beginnen und das Gesetz Anfang 2025 mit Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten (steuerliche Regelungen rückwirkend zum 1. Januar 2025). Das Gesetz ist zustimmungspflichtig im Bundesrat. Wie gewohnt werden wir an dieser Stelle über den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens informieren.
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