- Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat einen Gesetzentwurf für ein zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG II) vorgelegt.
- Entwurf bleibt weitgehend unverändert zu den Vorhaben der Vorgängerregierung
- Viele erhoffte Harmonisierungen und Klarstellungen bleiben offen
Im Koalitionsvertrag vom 05.05.2025 hatten sich die Regierungsparteien dazu verpflichtet, die Alterssicherung in Deutschland für alle Generationen auf verlässliche Füße zu stellen. Hierzu zählte neben Reformmaßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) auch das Vorhaben, die betriebliche Altersversorgung zu stärken und deren Verbreitung besonders in kleinen und mittleren Unternehmen und bei Geringverdienern weiter voranzutreiben.
Das BMAS hat hierzu nun den neuen Referentenentwurf zum BRSG II ohne substanzielle Änderungen zur Fassung der Vorgängerregierung zur Anhörung vorgelegt. Im Wesentlichen sind folgende Neuerungen geplant:
- Geringverdiener-Förderung
Echte Arbeitgeberbeiträge zugunsten einer Direktversicherung/ Pensionskasse/ Pensionsfonds für sogenannte Geringverdiener sollen im Rahmen von § 100 EStG künftig bis 1.200 Euro p.a. (bislang 960 Euro) gefördert werden. Der maximale Zuschuss für Arbeitgeber steigt damit jährlich ab 2027 auf 360 Euro (bisher 288 Euro). Zusätzlich wird die bislang statisch definierte Einkommensgrenze (2.575 EUR p.M) eines Geringverdieners auf 3 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung West (Renten-BBG) erhöht und dynamisiert. Dies entspricht 2.898 EUR Bruttomonatsgehalt in 2025. Die Dynamisierung ist sehr zu begrüßen und praxisgerecht. So wird künftig vermieden, dass Mitarbeitende allein durch übliche (tarifliche) Lohnerhöhungen aus dem Kreis der Förderberechtigten herausfallen. Die Geringverdienerförderung gemäß § 100 EStG ist ein zielgerichtetes Instrument, um die Versorgungssituation für Arbeitnehmer mit geringeren Einkommen zu verbessern, ohne diese selbst und die Unternehmen finanziell stark zu belasten.
- Opting-out-Modelle
Im sogenannten Opting-out wird automatisch eine Entgeltumwandlung des Mitarbeiters eingerichtet, sofern dieser nicht aktiv widerspricht. Dadurch wird regelmäßig eine höhere bAV-Durchdringung in Betrieben erzielt. Der Entwurf sieht vor, dass Opting-out-Modelle zukünftig durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung eingeführt werden können – bisher bedurfte es dafür eines Tarifvertrages. Dies gilt nach dem Entwurf jedoch nur, wenn Entgeltansprüche nicht und auch nicht üblicherweise in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelt werden. Wird die Entgeltumwandlung auf diesem Wege eingerichtet, muss der Arbeitgeber unabhängig vom gewählten Durchführungsweg und von einer etwaigen Sozialversicherungsersparnis pauschal 20 % Zuschuss zahlen. Die Leistungen aus dem Zuschuss sind sofort unverfallbar, wie dies auch für gesetzliche Zuschussregelungen außerhalb des Opting-outs gilt. Der 15 %-ige Zuschuss zur Entgeltumwandlung gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG ist mit dem ArbG-Zuschuss in einem Opting-out-Modell (20 %) abgegolten.
- Abfindungsregelung
Zur Entbürokratisierung von Betriebsrenten sieht der Gesetzesentwurf eine Erweiterung der Abfindungsregelung für Kleinanwartschaften vor. Die Abfindungsgrenze von gesetzlich unverfallbaren bAV-Anwartschaften soll mit Zustimmung des Arbeitnehmers von 1 % auf 2 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV erhöht werden (74,90 EUR Monatsrente in 2025), sofern der Abfindungsbetrag in die gRV eingezahlt wird. Für Kapitalleistungen erhöht sich die Grenze auf 24 Zehntel der genannten Bezugsgröße. Dies entspricht einem abfindbaren Wert von 8.988 EUR in 2025.
- Vorzeitige Inanspruchnahme
Zur Flexibilisierung der Ruhestandplanungen soll die Regelung zum vorzeitigen bAV-Bezug konkretisiert werden. Als Folge des Wegfalls der Hinzuverdienstgrenzen in der GRV wird die bisherige Voraussetzung in § 6 BetrAVG „Bezug einer Vollrente in der GRV“ für den Anspruch auf vorzeitige bAV-Leistungen entfallen. Stattdessen soll zukünftig für den vorzeitigen Anspruch auf bAV-Leistungen grundsätzlich auch der Bezug einer GRV-Teilrente ausreichend sein, sofern die weiteren Leistungsvoraussetzungen (z.B. Wartezeiterfüllung) gemäß der Versorgungszusage erfüllt sind.
- Fortführung nach entgeltfreien Zeiten
In den versicherungsförmigen Durchführungswegen soll das Fortführungsrecht zu den Altkonditionen künftig nicht nur bei Elternzeit, sondern generell bei entgeltfreien Zeiten gelten (Bezug von Krankengeld, Sabbatical, Pflegezeit u. ä.) gelten, sofern die Prämienzahlung innerhalb von drei Monaten ab Beendigung der entgeltfreien Zeit wieder einsetzt. Die neue Regel soll für alle Beitragsfreistellungen gelten, die ab dem 01.07.2026 beginnen und betreffen auch für Bestandsverträge.
- Sozialpartnermodell
Der Gesetzentwurf sieht einen Ausbau tarifvertraglicher Sozialpartnermodelle (SPM) vor. Hierzu soll der Anschluss von nicht-tarifgebundenen Unternehmen und Beschäftigten an ein SPM erleichtert werden, um mehr Unternehmen den Zugang zu einer reinen Beitragszusage (rBZ) zu ebnen. Die rBZ ermöglicht Arbeitgebern eine bAV, bei der sie sich mit der Zahlung des vereinbarten Beitrags an den die rBZ durchführenden Versorgungsträger jeglicher Haftung aus der bAV entledigen.
Die Nutzung der reinen Beitragszusage setzt bislang die Existenz eines einschlägigen Branchen-Sozialpartnermodells voraus. Die Einschlägigkeit soll künftig nicht mehr zwingend sein. Zusätzlich kann der Zugang auch über den Abschluss eines „Andock-Tarifvertrags“ geebnet werden, der die Teilnahme an einem branchenfremden SPM mit Zustimmung der SPM-Sozialpartner regelt. Alternativ kann die Gewerkschaft, die das SPM für eine bestimmte Branche vereinbart hat, den Zugang öffnen, wenn sie gemäß ihrer Satzung auch weitere Branchen vertritt. Die Sozialpartner des SPM-Tarifvertrags müssen dieser erweiterten Branchennutzung zustimmen.
Eine Beteiligung der neuen SPM-Teilnehmer an der Durchführung und Steuerung ist nicht erforderlich. Nicht tarifgebundene Unternehmen, die sich einem SPM anschließen, können an den Kosten beteiligt werden.
- Pensionskassen
Zukünftig sollen Pensionskassen mehr Freiräume bei der Kapitalanlage erhalten und von gelockerten Bedeckungsvorschriften profitieren. Aufgrund des Wegfalls der Hinzuverdienstgrenzen bei Altersrenten aus der gRV sollen Pensionskassen künftig bereits auch dann Leistungen erbringen dürfen, wenn der Versorgungsberechtigte nur eine Teilrente aus der gRV bezieht.
- Pensionsfonds
Der Entwurf sieht eine gesetzliche Klarstellung vor, dass Pensionsfonds „offiziell“ künftig Ratenzahlungen erbringen dürfen (wurde bisher von der BaFin aber schon gestattet). Dies spielt aber nur für die Auslagerung von Pensionszusage eine Rolle. Bei der Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG sind Ratenzahlungen weiterhin keine zulässige Auszahlungsform.
Leider blieben im aktuellen Referentenentwurf zum BRSG II viele Ansätze zur Verbesserung, Harmonisierung und Vereinfachung der bAV unberücksichtigt. Es wäre zu begrüßen, wenn der Gesetzgeber im weiteren Verfahren u.a. folgende Themen zugunsten der Stärkung und Verbreitung der bAV in Deutschland noch aufgreifen würde:
- Absenkung der Mindestgarantie bei der Beitragszusage mit Mindestleistung
- Gesetzliche Klarstellung, dass eine beitragsorientiere Leistungszusage keine 100 %-ige Bruttobeitragsgarantie erfordert
- Erleichterung der Portabilität in der Unterstützungskasse durch Mitnahme der Rückdeckungsversicherung
- Harmonisierung des sozialversicherungsrechtlich geförderten Beitragsaufwands mit den steuerlichen Grenzen des § 3 Nr. 63 EStG
- Angleichung der Regelung zum SV-Freibetrag für fällige bAV-Leistungen in der KVdR auf die gesetzliche Pflegeversicherung
- Verbesserung der Portabilität bei SPM: Übertragungsmöglichkeit von Deckungskapitalien aus der rBZ in die bAV I
- Absenkung des Zinses nach § 6a EStG
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz soll noch in 2025 zur Verabschiedung kommen. Über den Verlauf des weiteren Gesetzgebungsverfahrens werden wir an dieser Stelle berichten.
Betriebliche Versorgungssysteme sind ein wichtiger Baustein in der Alterssicherung vieler Arbeitnehmer. Umso wichtiger ist es, dass Arbeitgeber zur bAV-Verbreitung beitragen und die Chancen betrieblicher Versorgungssysteme zur Bindung und Motivation ihrer Mitarbeiter nutzen. Wir unterstützen Sie gerne bei der Gestaltung oder Überprüfung Ihrer betrieblichen Altersversorgung.
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