- Steigende Lebenserwartung, Demografie und Niedrigzins stellen Systeme der Alterssicherung vor Herausforderungen
- Zuschüsse an die Gesetzliche Rentenversicherung schon heute größte Etatposition im Bundeshaushalt
- Künftige Regierung wird sich den Herausforderungen in der Alterssicherung stellen müssen
Die Bundestagswahl 2021 steht bevor und so haben alle großen politischen Parteien inzwischen ihre Wahlprogramme veröffentlicht. Nachfolgend werden wesentliche Punkte aus den Wahlprogrammen der einzelnen Parteien zur Alterssicherung in Deutschland unkommentiert aufgeführt – beginnend mit den derzeitigen Regierungsparteien und im Übrigen in alphabetischer Reihenfolge. Die Darstellung ist beschränkt auf die im heutigen Bundestag vertretenen Parteien.
Das Thema Alterssicherung in Deutschland ist seit Jahrzehnten ein Dauerbrenner. Die steigende Lebenserwartung und der demografische Wandel stellen das Umlagesystem der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) vor steigende Herausforderungen. Die seit vielen Jahren andauernde Niedrigzinsphase erfordert aber auch ein Umdenken in der privaten und betrieblichen kapitalgedeckten Altersversorgung – weg von lieb gewonnenen Garantien, hin zu chancenorientierten Produkten unter Inkaufnahme von Risiken.
Schon heute ist der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit rund 165 Mrd. EUR der mit Abstand größte Einzeletat im Bundeshaushalt. Doch von diesem immensen Geldbetrag ist der größte Teil fest verplant. Über 100 Mrd. EUR davon fließen aus allgemeinen Steuermitteln in die GRV, Tendenz weiter steigend. Es besteht Handlungsbedarf, um zum einen die GRV zukunftsfest zu machen, zum anderen aber auch, um künftige Generationen von Beitrags- und Steuerzahlern nicht zu überfordern. Auch die Politik selbst sollte ein großes Interesse daran haben, die Ausgaben für die GRV im Rahmen zu halten. Jeder EUR, der aus allgemeinen Steuermitteln in die GRV fließt, fehlt an anderer Stelle und schränkt die Handlungsmöglichkeiten künftiger Regierungen ein; zum Beispiel bei Investitionen in Zukunftstechnologien, Bildung, etc.
Aussagen zur Alterssicherung in den Wahlprogrammen
Wenngleich die Wahlprogramme vorliegen, sind sie im Hinblick auf die Alterssicherung zum Teil noch recht wenig konkret – das gilt auch für die Finanzierung mancher „Idee“. Daher darf man gespannt sein, mit welchen Maßnahmen eine künftige Bundesregierung den Herausforderungen tatsächlich begegnen wird. Soviel vorab: Nahezu jede der großen Parteien hat in ihrem Instrumentarium für die Modernisierung der Alterssicherung die betriebliche Altersversorgung vorgesehen.
CDU
- Altersvorsorgepflicht für alle Selbständigen, wahlweise in der GRV oder alternativen insolvenz- und zugriffsgeschützten Produkten; Festhalten an berufsständischen Versorgungswerken
- Zulassen freiwilliger Beiträge in die GRV bis zur Beitragsbemessungsgrenze
- Stärkung der bAV:
- Mitnahmemöglichkeit von bAV beim Arbeitgeberwechsel verbessern
- Hemmnisse für die Einführung von Sozialpartnermodellen prüfen und beseitigen
- Stärkung der bAV für Geringverdiener
- Festlegung von Kriterien für ein staatlich gefördertes privates Standard-Vorsorgeprodukt, das für alle Arbeitnehmer/-innen sein soll, aber von diesen abgewählt werden kann (sogenanntes Opting-Out)
- Prüfung der Schaffung einer „Generationenrente“, bei der der Staat für junge Menschen ab deren Geburt in einen Pensionsfonds einzahlt, aus dem später Versorgungsleistungen erbracht werden sollen
SPD
- Einbeziehung aller Erwerbstätigen (also auch Selbständige, Beamte, Mandatsträger, Freiberufler) in die GRV
- Möglichkeit einer freiwilligen ergänzenden Absicherung in der GRV für alle gesetzlich GRV-Pflichtversicherten
- Die Verbreitung der bAV ausweiten, insbesondere in klein- und mittelständischen Betrieben; tarifvertraglich vereinbarte kollektive Altersvorsorgemodelle sollen dabei bevorzugt werden
- Schaffung eines neuen standardisierten privaten Altersvorsorgeprodukts, das kostengünstig ist und grenzüberschreitend angeboten wird; es soll auch von einer „öffentlichen Institution“ angeboten werden
AfD
- Stärkung der umlagefinanzierten Rente, u.a. durch höhere Steuerzuschüsse (insbes. für versicherungsfremde Leistungen)
- Vergrößerung der Anzahl der GRV-Versicherten durch Reduzierung der Anzahl der Beamten (nur noch für originär hoheitliche Aufgaben) und Abschaffung von Politikerpensionen
- 25 % der Altersrente sollen nicht auf Grundsicherung angerechnet werden; dadurch Verhinderung von Altersarmut
- „Ungerechtigkeiten bei der Überleitung von Ostrenten beseitigen“
- Keine Aussagen zu privater oder betrieblicher Altersversorgung
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
- Ziel: Staatliche Bürgerversicherung
- Im ersten Schritt GRV-Pflicht für anderweitig nicht abgesicherte Selbständige, Versicherungspflicht für Abgeordnete
- Bei Bedarf Erhöhung des Bundeszuschusses zur GRV
- Staatliche Regulierung „jedes (Finanz-)Produkts“ und jedes „Akteurs“
- Riester-Rente durch öffentlich verwalteten Bürgerfonds ersetzen und in diesen überführen
- Alle Bürger sollen in den Bürgerfonds einzahlen (aber Opting-Out-Möglichkeit)
- Nutzung des Bürgerfonds soll auch für die bAV möglich sein
Die Linke
- Ausbau der GRV zur Alterssicherung für alle Erwerbstätigen
- Mindestrente von 1.200 EUR
- „Drastische“ Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze und schließlich deren komplette Abschaffung
- „Abflachung“ von Rentenansprüchen bei Rentenhöhen über dem Doppelten der Durchschnittsrente
- Riester-Rente auf freiwilliger Basis in gesetzliche Rente überführen, Zulagen abschaffen
- bAV:
- Klare Ablehnung von Sozialpartnermodellen und garantielosen Produkten „Beschäftigte dürfen nicht den Risiken auf dem Kapitalmarkt ausgesetzt werden“
- Befürwortet wird bAV, die überwiegend von Arbeitgebern finanziert wird und auf tarifvertraglicher Regelung basiert
- Abschaffung der Entgeltumwandlung „für die Zukunft“
FDP
- Schaffung einer gesetzlichen Aktienrente (ein Teil der GRV-Beiträge wird in Kapitaldeckung mittels Aktienfonds investiert)
- Generationengerechtigkeit in den Sozialversicherungen schaffen durch eine „Schuldenbremse 2.0“ für die Sozialversicherungen – versicherungsfremde Leistungen sollen vollständig durch Steuermittel finanziert werden
- bAV stärken – Reine Beitragszusage ohne Tarifvertrag ermöglichen, Opting-Out in der bAV
- Schaffung eines geförderten Altersvorsorgedepots ohne Versicherungsmantel
- Anlagevorschriften bei staatlich geförderter Vorsorge lockern
- Altersvorsorge muss „einfacher und verbraucherfreundlicher“ werden
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