Über allen Gipfeln
Ist Ruh',
In allen Wipfeln
Spürest Du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur! Balde
Ruhest Du auch.
Mit schönen Worten beschreibt Johann Wolfgang von Goethe in seinem „Wanderers Nachtlied“ scheinbar nur die friedliche abendliche Stimmung im Wald. Tatsachlich, so zumindest haben es einige von uns in der Schule bei der Interpretation von Gedichten gelernt, umschreibt Goethe hier den Tod. Durch die Bilder, die Goethe durch die Wahl seiner Worte beim Leser erzeugt, nimmt er dem Tod das Negative, das Bedrohliche. Er zeichnet ein friedvolles Bild vom Tod.
Es gibt den Tod auch im Wirtschaftsleben, dort gemeinhin als Pleite oder Insolvenz bezeichnet. Anders als in Goethes Beschreibung ist eine solche Insolvenz aber meist wenig friedvoll und durchaus bedrohlich. Denn bei einer Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens sind nicht nur die Forderungen der Gläubiger in Gefahr, sondern grundsätzlich auch die Betriebsrenten der Arbeitnehmer, wenn diesen vom Arbeitgeber solche versprochen worden sind.
Damit des „Wanderes Nachtlied“, wenn es für den Betrieb erklingt, nicht auch zum Requiem für die Altersversorgung der Mitarbeiter und Rentner des Unternehmens wird, hat der deutsche Gesetzgeber umfangreiche Schutzmechanismen geschaffen.
Die gesetzliche Insolvenzsicherung
Mit der Einführung des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) im Jahre 1974 wurde auch die gesetzliche Insolvenzsicherung geschaffen, wodurch der Zweck des BetrAVG als Arbeitnehmerschutzgesetz deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist. Denn klar ist, dass eine bAV für den Arbeitnehmer nur so lange von Wert ist, wie diese auch geleistet wird. Bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers sollte also jemand anderes einspringen, um die Versorgungsleistungen zu erbringen oder unverfallbare Anwartschaften aufrecht zu erhalten. Für diese Ausfallsicherung wurde der PensionsSicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSVaG) gegründet. Der PSVaG ist eine Selbsthilfeeinrichtung der deutschen Wirtschaft und dient dem Schutz der bAV bei einer Insolvenz des Arbeitgebers.
Jeder Arbeitgeber, der eine bAV in einem sicherungspflichtigen Durchführungsweg zusagt, ist verpflichtet, dies dem PSVaG zu melden, wenn eine unverfallbare Anwartschaft entstanden bzw. der Versorgungsfall eingetreten ist
Der Sicherungsfall
Der Sicherungsfall tritt ein,
Der PSVaG haftet nur für gesetzlich unverfallbare Anwartschaften. Vertragliche Besserstellungen gegenüber der gesetzlichen Regelung, wie zum Beispiel eine sofortige Unverfallbarkeit von arbeitgeberfinanzierten Zusagen, sind nicht durch den PSVaG geschützt.
Der Personenkreis
Die Regelungen zur gesetzlichen Insolvenzsicherung gelten nur für Personen, die in den persönlichen Anwendungsbereich des BetrAVG fallen.
Versorgungsempfänger
Dies sind Personen, die Ansprüche aus der bAV auf laufende Leistungen (Renten) oder einmalige Versorgungsleistungen (Kapitalzusagen) haben. Dazu zählen auch Hinterbliebene des ehemaligen Arbeitnehmers und Personen, die aus einem Versorgungsausgleich Ansprüche auf Leistungen der bAV haben.
Versorgungsanwärter mit einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft
Versorgungsanwärter sind Arbeitnehmer und ehemalige Arbeitnehmer sowie Personen i.S.v. § 17 BetrAVG, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen aus Anlass ihrer Tätigkeit für das Unternehmen Leistungen der bAV zugesagt worden sind. Auch Personen, die einen Anwartschaft auf bAV durch einen Versorgungsausgleich erworben haben, zählen zum geschützten Personenkreis.
Sicherungspflichtige Durchführungswege
Durch den PSVaG werden gesetzlich unverfallbare Anwartschaften und Leistungen aus Zusagen der bAV gesichert, die in einem der folgenden Durchführungswege erteilt worden sind:
Hinweis zu reinen Beitragszusagen: Diese Zusageart unterliegt – egal in welchem Durchführungsweg sie erteilt worden ist – nicht dem gesetzlichen Insolvenzschutz durch den PSVaG (§ 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG).
Beitragsbemessung für die Insolvenzsicherung
Der Gesetzgeber hat insolvenzsicherungspflichtigen Arbeitgebern Auskunfts-, Melde- und Beitragspflichten auferlegt.
Um einen hohen Schutz der Anwärter bzw. Leistungsempfänger zu gewährleisten, ist der Insolvenzschutz durch den PSVaG aber nicht von einer Beitragszahlung durch den Arbeitgeber abhängig. Hat ein Arbeitgeber widerrechtlich keine Beiträge zur Insolvenzsicherung gezahlt, so kommt der PSVaG dennoch für dessen Versorgungsverpflichtungen gegenüber den Anspruchsberechtigten auf.
Die Zahlung der Beiträge zur Insolvenzsicherung erfolgt durch den Arbeitgeber. Der PSVaG ermittelt jährlich einen Beitragssatz, der sich insbesondere nach dem Schadenaufwand eines Jahres richtet. Dementsprechend schwankt der Beitragssatz von Jahr zu Jahr in Abhängigkeit von der Anzahl und der Höhe der Sicherungsfälle. Der langjährige Durchschnittsbeitragssatz liegt bei ca. 2,8 ‰.
Arbeitgeber sind verpflichtet, dem PSVaG die Beitragsbemessungsgrundlage entsprechend der von ihnen erteilten Zusagen in den sicherungspflichtigen Durchführungswegen zu melden. Die Beitragsbemessungsgrundlagen unterscheiden sich je nach Durchführungsweg und erfordern zum Teil versicherungsmathematische Berechnungen (sogenannte PSV-Testate). Auf der Basis der gemeldeten Beitragsbemessungsgrundlagen und unter Anwendung des Beitragssatzes erstellt der PSVaG einen Beitragsbescheid, den der Arbeitgeber zu begleichen hat.
Leistungen und Höchstgrenzen
Der PSVaG sichert sowohl (Anwartschaften auf) Rentenleistungen als auch (Anwartschaften auf) Kapitalzahlungen.
Die Leistungshöhe des PSVaG ist gesetzlich begrenzt. Es ist zu unterscheiden nach arbeitgeberfinanzierten Versorgungszusagen und solchen durch Entgeltumwandlung.
Arbeitgeberfinanzierte bAV
Die Haftungshöchstgrenze beträgt bei Renten das Dreifache der bei der ersten Fälligkeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (§ 7 Abs. 3 BetrAVG).
Bei einmaligen Kapitalleistungen beträgt die Haftungshöchstgrenze das 10-fache der maximalen gesicherten Jahresrente.
Im Jahr 2022 beträgt die monatliche Bezugsgröße nach § 18 SGB IV für Westdeutschland 3.290 EUR (Ost: 3.150 EUR), die Höchstsicherungsgrenzen somit
Entgeltumwandlung
Nach Insolvenz des Arbeitgebers werden vom PSVaG auf Entgeltumwandlung beruhende Anwartschaften einschließlich eines etwaigen Arbeitgeberzuschusses nach § 1a Abs. 1a BetrAVG wie folgt gesichert:
Nicht sicherungspflichtige Durchführungswege
Die Anwartschaften von Arbeitnehmern, für die eine bAV im Durchführungsweg Direktversicherung eingerichtet worden ist, gelten als nicht insolvenzgefährdet und damit als hinreichend sicher, wenn die gesetzliche Unverfallbarkeit eingetreten und den Arbeitnehmern dann ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden ist sowie die Versicherungsverträge nicht abgetreten, verpfändet oder beliehen sind.
Für ab 2001 erteilte Versorgungszusagen über Direktversicherungen, die durch Entgeltumwandlung finanziert werden, müssen von Beginn an unwiderrufliche Bezugsrechte eingeräumt und die Abtretung, Verpfändung und Beleihung ausgeschlossen sein.
Auch Versorgungzusagen über Pensionskassen, die dem Sicherungsfonds Protektor angehören oder von Tarifvertragsparteien als gemeinsame Einrichtungen betrieben werden, gelten aus Sicht des Gesetzgebers als hinreichend sicher, so dass keine ergänzende Insolvenzsicherung durch den PSVaG vorgesehen ist.
Gesetzlicher Forderungs- und Vermögensübergang
§ 9 BetrAVG regelt, dass gesetzlich geschützte bAV-Anwartschaften und -Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den (insolventen) Arbeitgeber auf den PSVaG übergehen, wenn dieser seine Leistungspflicht gegenüber dem Versorgungsberechtigten erklärt. Mit diesem Forderungsübergang ist auch ein Vermögensübergang auf den PSVaG verbunden. So geht Pensionsvermögen z.B. aus Firmen-Unterstützungskassen, Pensionsfonds oder verpfändeten Rückdeckungsversicherungen grundsätzlich auf den PSVaG über, soweit es auf Leistungsverpflichtungen entfällt, die der PSVaG zu erfüllen hat. Der Forderungs- und Vermögensübergang kann nicht zum Nachteil der Versorgungsberechtigten geltend gemacht werden.
Insolvenzsicherung außerhalb des BetrAVG
Wie bereits dargelegt greift der gesetzliche Insolvenzschutz nur für gesetzlich unverfallbare Anwartschaften und Leistungen bei Personen, die in den persönlichen Anwendungsbereich des BetrAVG fallen.
Versorgungsanwärter, für die dies nicht gilt – hier sind insbesondere Gesellschafter-Geschäftsführer von GmbH zu nennen –, haben aber natürlich auch ein Interesse daran, ihre Anwartschaften für den Fall einer Insolvenz des die Zusage erteilenden Unternehmens geschützt zu wissen.
Dies erfolgt in der Praxis regelmäßig durch privatrechtliche Sicherungsinstrumente, indem Vermögenswerte des Arbeitgebers zur Sicherung der Anwartschaft eingesetzt werden. Üblich ist es, zum Beispiel die Rückdeckungsversicherungen für Direktzusagen an die Versorgungsberechtigten zu verpfänden und so für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers zu sichern. Im Fall der Insolvenz kann der Insolvenzverwalter zwar den Rückkaufswert einziehen, sofern der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, er muss den Wert jedoch für den Eintritt des Versorgungsfalles hinterlegen. Hieraus kann sich der Versorgungsberechtigte dann bei Eintritt des Versorgungsfalles bedienen.
Ist der Versorgungsfall bei Eintritt der Insolvenz bereits eingetreten, leistet der Versicherer regelmäßig direkt an den Pfandgläubiger, sprich an den Versorgungsberechtigten.
Auf diese Weise ist auch die Sicherung gesetzlich noch nicht unverfallbarer Anwartschaften möglich.
Mittels Pfandrechts können auch Anwartschaften und Leistungen gesichert werden, die über die Leistungshöchstgrenzen des PSVaG hinausgehen.
Fazit:
Wenngleich Goethe bei seinem eingangs zitierten Nachtlied gewiss nicht die Betriebsrente im Sinn hatte, so treffen seine beruhigenden Worte doch auch auf die Insolvenzsicherung der deutschen bAV zu. Zwar ist die Insolvenz eines Unternehmens kein erfreuliches Ereignis – mit den Normen des BetrAVG, von der BaFin beaufsichtigter Versorgungsträger und dem Pensions-Sicherungs-Verein hat der deutsche Gesetzgeber aber ein Sicherungsnetz für Betriebsrenten geschaffen, das nicht nur Wanderer ruhig schlafen lassen kann, sondern auch Betriebsrentner und Anwärter auf eine Betriebsrente.
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