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BFH-Urteil zur Erdienbarkeit bei Auslagerung und Entgeltumwandlung für beherrschende GGF

Geschrieben von Christel Mayer | 18.07.18 06:15

BFH-Urteil vom 07.03.2018, I R 89/15

Werden bestehende Gehaltsansprüche eines GGF in eine bAV-Anwartschaft umgewandelt, dann scheitert die steuerrechtliche Anerkennung der Versorgungszusage nicht zwingend wegen der fehlenden Erdienbarkeit im Rahmen eines 10 jährigen Zeitraumes.

Wechsel des Durchführungswegs (wertgleiche Umstellung einer Direktzusage in eine U-Kassenzusage) löst  keine erneute Erdienbarkeitsprüfung aus.

 

Sachverhalt

Die GmbH hatte ihrem GGF im Alter von 42/43 Jahren eine Direktzusage erteilt, die ihm bei Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren eine Altersrente in Höhe von 60% seines letzten Monatsgehaltes gewährte. Das seit 15 Jahren unveränderte Grundgehalt wurde im Januar des Streitjahres um 12% erhöht. In der Mitte des Streitjahres, als der GGF 58 Jahre alt war, wurde die Zusage in zwei Punkten geändert.


◾Die bisher zugesagte Pension wurde hinsichtlich des bereits erdienten Teils (sog. past service) unverändert beibehalten. Im Hinblick auf den noch nicht erdienten Teil wurde der Durchführungsweg der Altersversorgung auf eine rückgedeckte Unterstützungskassenzusage wertgleich umgestellt. Die GmbH hatte ab der Vertragsänderung die Beiträge an die Unterstützungskasse zu leisten.


◾Zwei Monate später vereinbarten die GmbH und der GGF zudem eine Entgeltumwandlung, indem der  GGF auf 36% seines monatlichen Gehalts von € 5.750  verzichtete. Die GmbH wurde verpflichtet, diese 36% der Unterstützungskasse zuzuwenden und sicherzustellen, dass die Unterstützungskasse diese wiederum in eine Rückdeckungsversicherung einzahlt.

Das Finanzamt sah zwar die Umstellung des Durchführungsweges des future service grundsätzlich als unschädlich an. In der Vereinbarung der Entgeltumwandlung erkannte es aber eine verdeckte Gewinnaus-schüttung, weil der im Zeitpunkt der Zusage 58-jährige GGF die Unterstützungskassenzusage nicht mehr erdienen könne. Ihm verblieben nur noch 7 Jahre und nicht die von der Rechtsprechung geforderten 10 Jahre bis zur Pensionierung. 

 

Entscheidungsgründe

Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts und gab dem Klageantrag des GGF statt. Zuwendungen an eine Unterstützungskasse dürften nur dann als Betriebsausgabe steuermindernd berücksichtigt werden, wenn sie betrieblich und nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (BFH Urteil  vom 20.07. 2016 I R 33/15). Nach ständiger Rechtsprechung liege ein Indiz für die gesellschaftlich veranlasste Zusage vor, wenn der Gesellschafter die Leistungen im Zeitraum zwischen der Zusage und seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis nicht mehr erdienen könne. Diese auf die steuerrechtliche Beurteilung von Direktzusagen entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze sind nach Auffassung des BFH auf mittelbare Versorgungszusagen, wie z.B. rückgedeckte Unterstützungskassenzusagen, grundsätzlich übertragbar. Die Frage der Erdienbarkeit sei nicht nur bei Erstzusagen, sondern auch bei einer nachträglichen Erhöhung einer bereits erteilten Pensionszusage zu prüfen.  Dieser zu Direktzusagen entwickelte Rechtsgrundsatz gelte gleichermaßen bei der Erhöhung einer bereits erteilten mittelbaren Versorgungszusage.

Ein Versorgungsanspruch sei nach ständiger Senatsrechtsprechung von einem beherrschenden GGF grundsätzlich nur dann erdienbar, wenn zwischen der Erteilung der Pensionszusage und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand ein Zeitraum von mindestens zehn Jahren liegt. Die Indizwirkung der fehlenden Erdienbarkeit für die außerbetriebliche Veranlassung einer Versorgungszusage sei aber regelmäßig entkräftet, wenn bestehende Gehaltsansprüche des herrschenden GGF zugunsten seiner Altersversorgung umgewandelt werden.

Das Merkmal der Erdienbarkeit beruhe auf der Vorstellung, dass es sich bei einer bAV um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers in Anerkennung längerer Betriebszugehörigkeit und in Erwartung weiterer Betriebstreue handelt (grundlegend BFH Urteil vom 21.12.1994, Az: I R 98/93). Diese Überlegungen träfen auf eine Altersversorgung, die der Arbeitnehmer durch Entgeltumwandlung, also durch den Verzicht auf Teile des ihm ohnehin zustehenden Arbeitslohns selbst finanziert, nicht zu. Bei der durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersversorgung disponiere der Arbeitnehmer wirtschaftlich betrachtet ausschließlich über sein eigenes (künftiges) Vermögen, indem er Aktivbezüge zugunsten künftiger Altersbezüge zurücklegt. Demgemäß bestehe regelmäßig auch keine Veranlassung, die Entgeltumwandlung am Maßstab der Erdienbarkeit darauf zu überprüfen, ob zwischen der Leistung des Arbeitgebers (risikobehaftete, wirtschaftlich sehr belastende Versorgungszusage) und der - u.U. zeitlich begrenzten - Gegenleistung des Arbeitnehmers ein Missverhältnis besteht. Dies gelte für jede Form der durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersversorgung. Deshalb sei die Indizwirkung der fehlenden Erdienbarkeit in der Regel auch bei solchen Versorgungszusagen entkräftet, die ein unter das Betriebsrentengesetz fallender Arbeitnehmer wegen der tatbestandlichen Einschränkungen des § 1a BetrAVG so nicht beanspruchen könnte. Auf Entgeltumwandlungen beruhende Versorgungszusagen können aber durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein, wenn andere, durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vereinbarungen (z.B. sprunghafte Gehaltsanhebungen im Vorfeld der Zusage) vorliegen, die keinem Fremdvergleich standhalten.

Da im vorliegenden Fall das Finanzgericht geprüft und festgestellt hat, dass die Gehaltserhöhung, die wenige Monate vor der Änderung der Pensionszusage vereinbart wurde, nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst wurde, musste der BFH nicht darauf eingehen, unter welchen Voraussetzungen eine vGA bei einer Entgeltumwandlung des GGF vorliegen kann. Beispielhaft führte der BFH aus, dass bei einer sprunghaften Gehaltsanhebung im Vorfeld der Entgeltumwandlung diese je nach Einzelfall steuerlich nicht anerkannt werden könne.
Der Senat stellt ausdrücklich klar, dass er mit seinem Urteil vom 20.07.16, Az I R33/15, nicht in grundsätzlicher Weise den Rechtssatz aufgestellt habe, dass bei der Umstellung des Durchführungswegs einer ursprünglich betrieblich veranlassten Versorgungszusage stets zu prüfen wäre, ob die Versorgung noch erdient werden kann. Vielmehr sei der dem Urteil vom 20.07.16 zugrundeliegende Sachverhalt dadurch gekennzeichnet gewesen, dass mit der Änderung des Durchführungswegs zugleich eine Erhöhung der zugesagten Versorgungsleistungen verbunden war. Das damals zuständige FA habe deshalb (lediglich) den auf die Zusageerhöhung entfallenden Teil der Beitragszahlung als vGA qualifiziert. Somit wurde nicht nur das steuerrechtlich maßgebliche Rechtsregime für die Zusage gewechselt (Direktzusage i.S. des § 6a EStG einerseits, Unterstützungskasse gemäß § 4d EStG andererseits), sondern zugleich ein Lebenssachverhalt verwirklicht, der nach allgemeinen Grundsätzen eine Erdienbarkeitsprüfung auslöst, so dass die grundsätzlich dem Tatgericht obliegende Gesamtwürdigung des Vorgangs als Neuzusage mangels entsprechender Revisionsrügen nicht zu beanstanden war. Eine erneute Prüfung der Erdienbarkeit der Versorgungszusage sei jedoch nicht gerechtfertigt, wenn eine bereits bestehende Versorgungszusage ohne finanzielle Mehrbelastung für das Unternehmen geändert werde.

Der BFH bestätigt, dass nach den Feststellungen des FG mit der den "future service" betreffenden Änderung des Durchführungswegs im Juni 2010 keine Zusageerhöhung und damit keine finanzielle Mehrbelastung für die Klägerin verbunden war (wertgleiche Umstellung). Auch im Übrigen seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, die betriebliche Veranlassung der Versorgungszusage in Zweifel zu ziehen.

Fazit

Der Wechsel des Durchführungswegs stellt grundsätzlich einen steuerlich unbedenklichen Weg zur Sicherung der Altersvorsorge dar. Zu beachten ist aber stets, ob im Einzelfall Sachverhaltselemente vorliegen, die einer betrieblichen Veranlassung entgegenstehen, weil sie einem Fremdvergleich mit Dritten nicht standhalten.