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Was Sie (vielleicht) schon immer über die bAV wissen wollten – Viel besser als ihr Ruf: Die Riester-Förderung in der bAV

Geschrieben von Marco Westermann | 28.02.22 07:36
  • Für viele Arbeitnehmer ist die Riester-Förderung noch lukrativer als die Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG
  • Was Viele nicht wissen: Arbeitnehmer haben grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Riester-Förderung in der bAV
  • Für die kombinierte Förderung aus Zulagen und Sonderausgabenabzug gelten in der bAV andere Vorgaben als bei privaten Riester-Verträgen

 

„Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen // Gewöhnlich aus dem Namen lesen.“

So lässt es Goethe seinen Protagonisten Heinrich Faust sagen als dieser erstmals mit Mephistopheles in seinem Studierzimmer zusammentrifft und wissen möchte, wer dieser sei. Und so scheint es auch bei der „Riester-Rente“ zu sein: Hört man diesen Begriff, so glaubt man schon alles darüber zu wissen. Und viele derart „Wissende“ legen alles Weitere zu diesem Thema gedanklich in die kreisrunde Ablage neben ihrem Schreibtisch, die regelmäßig in der Altpapiertonne entleert wird. Denn sie haben ja seit Jahren von vermeintlichen Experten gehört und gelesen, dass die Riester-Rente teuer, kompliziert und generell ungeeignet für Vorsorge-Sparer sei. Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass in den vergangenen Jahren viele der ca. 16 Millionen (!) Riester-Verträge prämienfrei gestellt worden sind. Das ist schade, denn ob die Menschen stattdessen auf alternative Weise ergänzend für das Alter vorsorgen ist ungewiss. Und es ist falsch, denn die Riester-Förderung ist viel besser als ihr Ruf.

In diesem Beitrag wird auf die Riester-Förderung in der bAV eingegangen. Dies ist aus zwei Gründen von Bedeutung: Zum einen kann in der bAV von der Riester-Förderung profitiert werden, ohne dass die diesbezüglichen Produktvorgaben für private Altersvorsorge-Verträge gelten. Zum anderen haben viele Anbieter aufgrund der seit Jahren herrschenden Niedrigzinsphase und der bei privaten Riester-Verträgen geltenden Bruttobeitragsgarantie ihr Produktangebot eingestellt, so dass der Neuabschluss privater Riester-Verträge am Markt nur noch eingeschränkt möglich ist. Solange der Gesetzgeber an den starren Produktvorgaben nichts ändert – wobei Vorschläge dazu von den Anbieter-Verbänden seit Jahren auf dem Tisch liegen – wird es auch kein Revival der privaten Riester-Rente geben. Daher ist die Nutzung der Riester-Förderung in der bAV eine interessante Alternative und lohnt einen genaueren Blick.

Einige Eckpunkte zur Riester-Förderung im Überblick

Der förderberechtigte Personenkreis

Grundsätzlich sind die Personengruppen unmittelbar förderberechtigt, die vom sinkenden Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und der Beamtenversorgung betroffen sind. Dies sind insbesondere:

  • Pflichtversicherte in der GRV und der Alterssicherung der Landwirte
  • Beamte
  • Rentenversicherungspflichtige Selbstständige
  • Berufs- und Zeitsoldaten
  • Auszubildende
  • Minijobber, die nicht die Sozialversicherungsfreiheit gewählt haben
  • Nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen 
  • Bezieher von Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II
  • Bezieher von Vorruhestandsgeld
  • Kindererziehende während der gesetzlichen Kindererziehungszeit

Der Kreis förderberechtigter Personen ist in § 10a Abs. 1 EStG aufgeführt. Neben den dort genannten unmittelbar Förderberechtigten gibt es auch mittelbar Förderberechtigte. Dabei handelt es sich um Ehe- und Lebenspartner unmittelbar Förderberechtigter, wenn sie einen eigenen Altersvorsorgevertrag abschließen und dafür mindestens den Sockelbeitrag aufwenden.

Die Förderung

Die Förderung setzt sich aus einer Zulagenkomponente (§§ 83 ff. EStG) und einem Sonderausgabenabzug (§ 10a EStG) zusammen. Um die doch etwas sperrige Formulierung „kombinierte Förderung aus Zulagen und Sonderausgabenabzug der Beiträge“ zu vermeiden, wird im Folgenden schlicht die Bezeichnung „Riester-Förderung“ verwendet.

Voraussetzung für den vollen Erhalt der Riester-Förderung ist, dass der Förderberechtige 4 % seines beitragspflichtigen Vorjahresbruttoeinkommens (andere Bemessungsgrundlagen bei weiteren Förderberechtigten: vgl. § 86 Abs. 1 EStG) einschl. des Zulagenanspruchs für die geförderte Altersversorgung aufwendet. Maximal aber 2.100 EUR jährlich und mindestens einen Sockelbeitrag in Höhe von 60 EUR jährlich. Wendet der Zulagenberechtigte mehr als 60 EUR, aber weniger als 4 % der maßgeblichen Bemessungsgrundlage auf, erfolgt die Förderung anteilig.

Hinsichtlich der Zulage sind Grundzulage und Kinderzulagen für jedes kindergeldberechtigte Kind zu unterscheiden. Darüber hinaus gibt es einmalig einen Berufseinsteigerbonus für Förderberechtigte bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres.

Grundzulage p.a.

175 EUR

Kinderzulage p.a.

für vor 2008 geborene Kinder

für ab 2008 geborene Kinder

 

185 EUR

300 EUR

Einmaliger Berufseinsteigerbonus

200 EUR

 

Die Beantragung der Förderung

Ohne Antrag geht in Deutschland (fast) nichts. So ist es auch bei der Riester-Rente. Wer von der Riester-Förderung profitieren will, muss die Förderung beantragen. Das gilt für den Sonderausgabenabzug, den der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Steuererklärung geltend machen muss, und gleichermaßen für die Zulagen.

Der Anspruch auf Zulage entsteht gem. § 88 EStG mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Altersvorsorgebeiträge geleistet worden sind. Die Beantragung erfolgt gem. § 89 EStG über den Produktanbieter und muss binnen zwei Jahren erfolgen. Dazu stellt der Anbieter Antragsformulare nach „amtlich vorgeschriebenem Vordruck“ zur Verfügung. Mittels eines elektronischen Verfahrens übermittelt der Anbieter sämtliche antragsrelevanten Daten an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA). Diese erhebt weitere förderrelevante Daten, wie zum Beispiel das Vorjahresbruttoeinkommen, bei diversen Institutionen bzw. gleicht solche Daten mit weiteren Stellen ab, vgl. § 91 Abs. 1 EStG. Die ZfA setzt dann die Zulage fest und überweist sie an den Anbieter, der diese dem Riester-Vertrag gutschreibt.

Es bietet sich an, den Anbieter schon bei Vertragsabschluss zu bevollmächtigen, die Zulage jedes Jahr automatisch zu beantragen. In diesem Fall spricht man von einem Dauer-Zulagenantrag im Sinne von § 89 Abs. 1a EStG.

Voraussetzung für die Förderung privater „Riester-Verträge“: Die Zertifizierung

Für die Festlegung, welche Voraussetzungen ein Vorsorgeprodukt erfüllen muss, um gefördert zu werden, hat der Gesetzgeber eigens ein Gesetz kreiert. Förderfähig sind gem. § 82 Abs. 1 EStG Beiträge (und Tilgungsleistungen) zugunsten von Altersvorsorgeverträgen, die als solche zertifiziert sind. Diese Beiträge werden als Altersvorsorgebeiträge bezeichnet. Zertifiziert werden können Verträge, die die Kriterien des § 1 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) erfüllen. Zu diesen Kriterien zählen u.a.:

  • gleichbleibende lebenslange Rente frühestens ab Vollendung des 62. Lebensjahres
  • alternativ: Ratenauszahlungsplan mit bis zu 30 %-iger Kapitaloption und lebenslanger Restkapitalverrentung spätestens ab dem 85. Lebensjahr
  • Beitragsgarantie zum Beginn der Auszahlungsphase; Risikobeiträge zur Absicherung von Tod- und Erwerbsminderung können dabei bis zur Höhe von 20 % außer Acht gelassen werden
  • eine Hinterbliebenenleistung ist für Ehegatten, Lebenspartner sowie kindergeldberechtige Kinder zulässig.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Wer meint, dass in einem einzigen Paragraphen nicht allzu viele Vorgaben gemacht werden können, der irrt leider. Der besagte § 1 AltZertG erstreckt sich über knapp fünf DIN A4-Seiten in 10-Punkt Schrift. Wer also – wie eingangs erwähnt – bemängelt, dass Riester-Verträge kompliziert seien, sollte diese Kritik nicht an die Anbieter richten, sondern an den Gesetzgeber.

Die Kausalkette zur Förderung der privaten Riester-Rente lautet wie folgt: Gefördert werden nur Altersvorsorgebeiträge (§§ 10a Abs. 1 Satz 1, § 82 Abs. 1 EStG). Altersvorsorgebeiträge sind gem. § 82 Abs. 1 EStG in der privaten Altersvorsorge nur solche Beiträge, die zugunsten von Altersvorsorgeverträgen geleistet werden. Altersvorsorgeverträge wiederrum sind nur solche Verträge, die die Anforderungen des AltZertG erfüllen und nach § 5 AltZertG zertifiziert worden sind. Ergo gilt für die private Riester-Rente: ohne Zertifizierung keine Riester-Förderung!

Riester-Förderung in der bAV

a) Es geht auch ohne Zertifizierung

Neben Beiträgen in Altersvorsorgeverträge i.S.d. AltZertG sind auch Beiträge im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (bAV), die aus dem versteuerten und verbeitragten Einkommen in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds gezahlt werden, förderfähig, vgl. § 82 Abs. 2 EStG. Diese Verträge bedürfen keiner Zertifizierung, da sie bereits aufgrund der gesetzlichen Normen der bAV reglementiert sind. Mithin gelten die Zertifizierungskriterien, die private Altersvorsorgeverträge erfüllen müssen, für die bAV nicht. Dies gilt insbesondere für die „harte“ Bruttobeitragsgarantie, die sich im seit Jahren herrschenden Niedrigzinsumfeld als Renditekiller erwiesen hat und die viele Produktanbieter veranlasst hat, das Angebot privater Riester-Produkte einzustellen.

Ohne lange Kausalkette – Keine besonderen Hürden für Riester-bAV
Die Voraussetzungen für die Riester-Förderung in der bAV sind im Vergleich zur oben dargestellten Kausalkette der privaten Riester-Rente erfreulich einfach: Werden Beiträge aus dem versteuerten und verbeitragten Einkommen in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds eingezahlt, handelt es sich insoweit um Altersvorsorgebeiträge, die damit dem Grunde nach die Voraussetzungen für die Riester-Förderung erfüllen.

b) Ein Blick ins Arbeitsrecht

Riester-bAV ist bAV! Nicht mehr und nicht weniger und nichts anderes. Es gelten uneingeschränkt sämtliche Regelungen des BetrAVG für die entsprechenden Versorgungszusagen. Was das bedeutet sei kurz anhand des Durchführungsweges Direktversicherung beschrieben.
Differenziert man Direktversicherungen danach, ob es sich um solche nach § 3 Nr. 63 EStG oder solche mit Riester-Förderung handelt, differenziert man nach der Art der Förderung. Arbeitsrechtlich, d.h. im Sinne des BetrAVG, sind beide Varianten „nur“ Direktversicherungen. Die Frage der (steuerlichen) Förderung spielt arbeitsrechtlich keine Rolle. In beiden Fällen ist der Arbeitgeber der Versicherungsnehmer (und Beitragszahler), der Arbeitnehmer versicherte Person und Bezugsberechtigter, vgl. § 1b Abs. 2 Satz 1 BetrAVG.
Einer Riester-Direktversicherung liegt arbeitsrechtlich in der Regel eine beitragsorientierte Leistungszusage zugrunde. Auch eine Beitragszusage mit Mindestleistung ist denkbar, doch auch diese ist – wie die private Riester-Rente – aufgrund der erforderlichen Bruttobeitragsgarantie eine akut vom Aussterben bedrohte (Versorgungs-) Art.

c) Ein Blick ins Steuerrecht

Auf die Höhe der Zulagen und deren Beantragung wurde bereits eingegangen.

Um den Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG geltend zu machen, muss der Steuerpflichtige seiner Einkommensteuererklärung die Anlage AV beifügen.

Auf Basis der Anlage AV und den vom Produktanbieter elektronisch übermittelten Vertrags- und Beitragsdaten führt die Finanzverwaltung von Amts wegen eine Günstigerprüfung durch. Das heißt, das Finanzamt prüft, ob sich ein Steuervorteil ergibt, der den Zulagenanspruch übersteigt.

Ist der Steuervorteil aus dem Sonderausgabenabzug günstiger als der Zulagenanspruch, wird die tarifliche Einkommensteuer um den Zulagenanspruch erhöht, § 10a Abs. 2 EStG. Eine über den Zulagenanspruch hinausgehende Steuerermäßigung kommt dem Steuerpflichtigen zugute. Sie wird vom Finanzamt zudem der ZfA mitgeteilt und dort für den Fall etwaiger Rückforderungen gespeichert.

Gehören beide Ehegatten zum unmittelbar förderberechtigten Personenkreis, steht jedem Ehegatten der Höchstbetrag nach § 10a EStG gesondert zu.

Ehepaare, bei denen nur ein Partner unmittelbar förderberechtigt ist und der andere, nur mittelbar begünstigte Partner, einen eigenen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen und den Sockelbeitrag gezahlt hat, können insgesamt 2.160 Euro geltend machen, § 10a Abs. 3 EStG.

Durch den Sonderausgabenabzug der Beiträge nach § 10a EStG werden diese nachträglich faktisch von der Steuer freigestellt.

Die Versorgungsleistungen aus Riester-geförderten Altersvorsorgeverträgen und auch Riester-bAV-Verträgen sind nachgelagert als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG zu versteuern. Dies ist dieselbe Besteuerungsnorm wie für Versorgungsleistungen aus nach § 3 Nr. 63 EStG geförderten Beiträgen.

Wird bei einer geförderten Direktversicherung das Kapitalwahlrecht ausgeübt, handelt es sich insoweit um eine schädliche Verwendung, als die Kapitalleistung auf Riester-geförderten Beiträgen beruht. Die erhaltene Riester-Förderung ist vom Anbieter einzubehalten und an die ZfA abzuführen. Für den Teil der Leistung, der auf ungeförderten Beiträgen beruht, gilt die günstigere Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG.

Beiträge zu einer Direktversicherung, Pensionskasse oder einem Pensionsfonds gelten auch dann noch als förderfähige Altersvorsorgebeiträge, wenn sie im ruhenden Arbeitsverhältnis ohne Entgeltbezug oder nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen vom ehemaligen Arbeitnehmer selbst erbracht werden. Auch in diesen Fällen ist somit keine Zertifizierung erforderlich. Voraussetzung für die Riester-Förderung ist hier natürlich, dass der (ehemalige) Arbeitnehmer weiterhin zum geförderten Personenkreis gehört. Eine Förderung aufgrund mittelbarer Zulagenberechtigung kommt nicht in Betracht, weil es sich bei den genannten Durchführungswegen nicht um Altersvorsorgeverträge im Sinne des AltZertG handelt.

d) Ein Blick ins Sozialversicherungsrecht

Mit Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) gelten Betriebsrenten, soweit sie auf „Riester-geförderten“ Beiträgen beruhen, für gesetzlich krankenversicherte (GKV) Rentner nicht mehr als beitragspflichtige Versorgungsbezüge (§ 229 Abs. 1 Nr. 5 2. HS SGB V). Dies gilt gleichermaßen für die gesetzliche Pflegeversicherung (GPV).

Weil der Arbeitgeber bei der Riester-Förderung im Rahmen der bAV keine Sozialversicherungsbeiträge spart, muss er keinen Zuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG bzw. § 23 Abs. 2 BetrAVG zur Entgeltumwandlung leisten. Dementsprechend sind die Versorgungsleitungen aus Riester-geförderter bAV aufgrund des somit regelmäßig niedrigeren Gesamtbeitrags tendenziell geringer als aus nach § 3 Nr. 63 EStG geförderter bAV. Ob und in welchem Maße dies auf den Einzelfall zutrifft hängt ab vom Beitrag, den Zulagen, dem Einkommen des Arbeitnehmers und vom Zuschussverfahren des Arbeitgebers (pauschale oder „spitze“ Gewährung des Zuschusses).

Allerdings kommt es bei der Wahl der Riester-Förderung auch zu keinerlei Einbußen für den Versorgungsberechtigten bei den Anwartschaften auf Leistungen aus der Sozialversicherung – allen voran der GRV –, weil die Vorsorgebeiträge aus verbeitragtem Einkommen aufgebracht werden.

Egal ob und welche Förderung für die bAV gewählt wird, mit dem BRSG wurde eine weitere gesetzliche Änderung umgesetzt, die insbesondere für die Personengruppe der Geringverdiener sehr wichtig ist. Dabei handelt es sich um den Freibetrag nach § 82 Abs. 4 SGB XII. Durch diesen Freibetrag werden lebenslange Zusatzrenten wie die private Riester-Rente oder die bAV nicht bzw. nicht mehr in voller Höhe auf die Grundsicherung im Alter angerechnet. Seit dieser Änderung macht ergänzende private oder betriebliche Altersversorgung auch für Geringverdiener wirtschaftlich absolut Sinn.

e) Für wen lohnt sich die Riester-Förderung in der bAV?

Welche Art der Förderung die richtige ist, hängt von einer Vielzahl von Parametern ab. Dazu zählen neben dem Einkommen, der Familienstand und die steuerliche Veranlagung, die Anzahl der Kinder, die Höhe des gewünschten (Netto- oder Brutto-) Umwandlungsbetrags, die Höhe des Arbeitgeberzuschusses im Kontext von § 1a Abs. 1a EStG bzw. § 23 Abs. 2 EStG u.s.w. Wie auch sonst in der bAV-Beratung ist ohne eine geeignete Software-Unterstützung kaum eine valide Aussage zur Effizienz der Förderung möglich. Glücklicherweise gibt es inzwischen Rechentools, die für die Beratung sehr gut geeignete Aussagen zur Wirkungsweise der verschiedenen Förderwege zulassen. Der HDI stellt seinen Kunden hier einen solchen Rechner zur Verfügung.

Aufgrund des mit dem Einkommen und dem Zulagenanspruch korrelierenden Eigenaufwands ergeben sich insbesondere für Bezieher niedrigerer Einkommen und/oder Arbeitnehmer mit mehreren Kindern zum Teil sehr hohe Förderquoten von 50% und mehr. Aber auch Top-Verdiener, die vom Sonderausgabenabzug besonders profitieren, können hohe Förderquoten erzielen. Eine wissenschaftlich fundierte Ausarbeitung dazu finden Sie hier auf der Website der HDI Pensionsmanagement.

f) Flexibilität in der Wahl des Förderwegs ist der Schlüssel zur optimalen Förderung

Es geht nicht darum die Grundsatzentscheidung zu treffen, welcher Förderweg, also § 3 Nr. 63 EStG oder die Riester-Förderung, generell besser oder schlechter ist.

Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es nicht, denn die Antwort hängt von der jeweiligen Lebenssituation des Arbeitnehmers ab, ist also stets eine Momentaufnahme. Die Lebenssituation kann sich mehrfach im Erwerbsleben ändern. Deshalb geht es darum, frühzeitig die Weichen zu stellen und eine Vertragsform zu wählen, die es ermöglicht, den Vertrag, konkret den Förderweg, entsprechend der Lebensphase des Arbeitnehmers anzupassen.

Vielleicht beginnt der Arbeitnehmer als gut verdienender Facharbeiter mit einer Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG, weil sie für ihn in dieser Phase die optimale Variante darstellt. Und vielleicht ändert sich das auch während seines ganzen Erwerbslebens nicht. Aber wenn doch? Was, wenn sich herausstellt, dass die Riester-Förderung günstiger wäre, weil z.B. zwei Kinder hinzugekommen sind oder das Einkommen wegen einer Reduktion der Arbeitszeit sinkt?

Mit der Wahl einer Direktversicherung, die beide Förderwege abbilden kann – mindestens alternativ, also zeitlich nacheinander, am besten aber parallel, also zeitgleich – hätte man eine bessere Wahl getroffen. Solche Produkte bietet die HDI Lebensversicherung an.

Derart flexible Produkte sind auch geeignete Lösungen für folgende Lebenssituationen:

a. Längere Krankheit

Solange im Krankheitsfall die Lohnfortzahlung greift, läuft auch die Entgeltumwandlung weiter. Doch nach 6 Wochen ist regelmäßig Schluss mit der Lohnfortzahlung. Zwar haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch darauf, in Zeiten eines ruhenden Arbeitsverhältnisses ohne Entgeltbezug die Beiträge selbst weiter zu zahlen. Doch in vielen Fällen tun sie dies nicht, weil sie plötzlich den deutlich höheren „Bruttobeitrag“ aus ihren nun geringeren Einkünften aufbringen müssten. Durch die Umstellung auf Riester-Förderung und die dabei erfolgende Anrechnung des Zulagenanspruchs auf den Eigenbeitrag kann die persönliche Beitragsbelastung deutlich gesenkt werden und damit eher verkraftbar sein.

Und noch ein Effekt geht mit dem Förderwegwechsel einher: Die aus den Riester-geförderten Beiträgen resultierenden Rententeile sind nicht beitragspflichtig in der GKV und GPV. Dies wäre bei einer Weiterzahlung der Beiträge ohne Umstellung auf die Riester-Förderung nicht der Fall, weil der Arbeitnehmer im ruhenden Arbeitsverhältnis nicht Versicherungsnehmer wird.

b. Elternzeit

Das Arbeitsverhältnis besteht fort, die monatlichen Einnahmen fallen regelmäßig niedriger aus, die Weiterzahlung der Versorgung durch den Versicherten ist gefährdet. Auch in diesen Fällen bietet sich eine Umstellung auf die Riester-Förderung regelmäßig an – zumal jetzt ja mindestens ein Kind mit im Spiel ist, für das der Staat den Riester-Sparer mit 300 EUR p.a. belohnt.

c. Arbeitslosigkeit

Auch dies ist ein Damoklesschwert, das über jeder Versorgung schwebt. Zwar kommt hier regelmäßig das versicherungsvertragliche Verfahren zur Anwendung, so dass im Falle der Weiterführung mit eigenen Beiträgen insoweit keine Belastung der Betriebsrente mit GKV-/GPV-Beiträgen erfolgt. Doch meist haben Arbeitslose nicht die Möglichkeit, den hohen Bruttobeitrag einer ehemals nach § 3 Nr. 63 EStG geförderten Direktversicherung dauerhaft aus dem verfügbaren Einkommen weiter zu zahlen. Nach Umstellung auf die Riester-Förderung wäre dies leichter möglich. Wie eingangs dargestellt, zählen auch Empfänger von Arbeitslosengeld I und II zum unmittelbar förderberechtigten Personenkreis.

g) Und was spricht gegen „Riester in der bAV“?

a. Keine mittelbare Zulagenberechtigung
Personen, die keinen eigenen originären Förderanspruch haben, können einen Förderanspruch erlangen, wenn sowohl sie selbst als auch der unmittelbar förderberechtigte Ehepartner jeweils einen Altersvorsorgevertrag abschließen und diesen besparen. Und da liegt die Crux: Der Gesetzgeber hat geregelt, dass Voraussetzung für die mittelbare Zulagenberechtigung der Abschluss von Altersvorsorgeverträgen ist. Beiträge zu einer Direktversicherung sind förderfähige Altersvorsorgebeiträge aber keine, die in einen Altersvorsorgevertrag einfließen. Denn das sind gemäß § 82 Abs. 1 EStG nur Verträge, die nach dem AltZertG zertifiziert sind. Dies führt dazu, dass aus einer Riester-geförderten Direktversicherung kein mittelbarer Zulagenanspruch des selbst nicht zum geförderten Personenkreis zählenden Ehegatten abgeleitet werden kann. Ist dies für den Arbeitnehmer ein entscheidendes Kriterium, so sollte der unmittelbar förderberechtigte Ehegatte zusätzlich oder anstelle der Entgeltumwandlung einen privaten Altersvorsorgevertrag abschließen und dort Altersvorsorgebeiträge in entsprechender Höhe einzahlen, um so die mittelbare Zulagenberechtigung des anderen Partners zu erreichen.

b. Kein Wohn-Riester
Unter Wohn-Riester wird die Möglichkeit verstanden, Vertragsguthaben aus dem Altersvorsorgevertrag zu entnehmen, um damit zum Beispiel selbst genutztes Wohneigentum zu erwerben. Die Detailregelungen in diesem Kontext sind umfangreich und finden sich sowohl im Abschnitt XI des EStG als auch im AltZertG. Wohn-Riester ist bei einer Versorgung über eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds nicht möglich, da es sich hierbei nicht um Altersvorsorgeverträge im Sinne des § 82 Abs. 1 EStG handelt. Inwieweit Wohn-Riester in Zeiten von Darlehenszinsen auf Niedrigstniveau überhaupt Sinn macht, mögen Finanzierungsexperten entscheiden. In Anbetracht der dem Vernehmen nach geringen Nachfrage nach Wohn-Riester-Finanzierungen scheint es aber verschmerzbar zu sein, dass Wohn-Riester bei einer bAV nicht möglich ist.

h) Ist der Aufwand für den Arbeitgeber ein Showstopper für die Riester-bAV?

Der Nutzung der Riester-Förderung in der bAV wird manchmal entgegengehalten, dass sie mit einem hohen Aufwand für den Arbeitgeber verbunden sei. Dieser ergebe sich insbesondere aus der Beantragung der Zulagen.

Zwar ist der Arbeitgeber bei der Direktversicherung stets Versicherungsnehmer und somit primärer Vertragspartner und Ansprechpartner für den Versicherer. Daher ist grundsätzlich auch sämtliche Korrespondenz den Vertrag betreffend zwischen dem Versicherer und dem Arbeitgeber zu führen, was auch für die Beantragung der Zulagen gilt. Es kann jedoch vereinbart werden, dass das Zulagenantragsverfahren unmittelbar zwischen dem Arbeitnehmer und dem Versicherer abgewickelt wird, der Arbeitgeber dabei also außen vor bleibt.

Ferner kann hier, wie auch in der privaten Riester-Rente, mit einem Dauer-Zulagenantrag i. S. v. § 89 Abs. 1a EStG gearbeitet werden, auf dessen Basis der Anbieter die Zulagen automatisch beantragt.

Ändern sich förderrelevante Tatbestände, wie zum Beispiel die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder, so ist der Anbieter vom Arbeitnehmer zu informieren. Wenn der Arbeitnehmer exakt den Mindesteigenbeitrag zahlen möchte, der zum Erhalt der maximalen Förderung nötig ist, erfordern solche Änderungen regelmäßig auch eine Anpassung des Eigenbeitrags des Arbeitnehmers. Hier kommt dann zwangsläufig der Arbeitgeber ins Spiel, da zum einen die Entgeltumwandlungsvereinbarung angepasst und zum anderen der neue Beitrag korrekt gezahlt werden muss.

Änderungen der persönlichen Verhältnisse, wie die Geburt von Kindern oder der Wegfall der Kinderzulagen kommen üblicher Weise nicht allzu oft im Erwerbsleben eines Mitarbeiters vor. Beitragsanpassungen, die aufgrund eines sich ändernden Gehalts erforderlich werden können, sind hingegen häufiger. Diese können jedoch durch eine feste Beitragsdynamik im Direktversicherungsvertrag abgedeckt werden. Zwar wird dann in der Folge der Mindesteigenbeitrag regelmäßig nicht mehr centgenau getroffen, die Auswirkungen sind aber überschaubar. Leichte Überzahlungen wirken sich zwar nicht Zulagen-steigernd aus, sie wirken sich aber ggf. beim Sonderausgabenabzug positiv aus und führen zu einer höheren Betriebsrente. Ein geringfügig zu niedriger Eigenbeitrag führt zu einem leichten Unterschreiten der Maximalförderung. Insofern bietet es sich an, einen Dynamiksatz zu wählen, der tendenziell leicht höher ist als die erwarteten regelmäßigen Gehaltssteigerungen der Zukunft.

Außerordentliche Gehaltsveränderungen, wie sie zum Teil mit Karrieresprüngen oder mit dem Wechsel von Voll- auf Teilzeit – und umgekehrt – einhergehen, ziehen jedoch regelmäßig ein „manuelles“ Anpassungserfordernis für den Beitrag nach sich. In diesen Fällen kommt es aber auch bei der nach § 3 Nr. 63 EStG geförderten bAV oft zu manuellen Änderungen der Entgeltumwandlungsvereinbarung und des Versicherungsbeitrags, weil die Arbeitnehmer ihren Beitrag anpassen wollen oder müssen. Insofern entsteht auch in diesen Fällen Aufwand in der Gehaltsabteilung.

Alles in allem bleibt festzuhalten, dass der Verwaltungsaufwand bei der Riester-Förderung im Rahmen der bAV gegenüber der § 3 Nr. 63 EStG-Variante zwar leicht erhöht sein kann aber gut beherrschbar ist.

Andererseits profitiert der Arbeitgeber mit dem Angebot einer „Riester-fähigen“ Direktversicherung von einem Mehr an Rechtssicherheit. Denn mit diesem Angebot erfüllt er den Anspruch des Arbeitnehmers nach § 1a Abs. 3 BetrAVG auf Riester-Förderung der Entgeltumwandlung. Zu den rechtlichen Details in diesem Kontext sei auf den zweiten Teil des hier verfügbaren Gutachtens verwiesen.

Fazit:
Während man sich mit dem Mephistopheles besser nicht einlassen sollte – wie das Beispiel von Goethes Faust belegt – kann man von der Riester-Förderung in der bAV ruhigen Gewissens Gebrauch machen. Sie ist für viele Arbeitnehmer überaus attraktiv und Arbeitgeber erfüllen mit ihr den gesetzlichen Förderanspruch nach § 1a Abs. 3 BetrAVG und dies mit minimalem Aufwand.

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