Livia Schäfer - 28 Feb 2025

BAG zur Verjährung von Ansprüchen des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSV)

  • Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 21.01.2025 – 3 AZR 45/24 (bislang nur Pressemitteilung)

  • Die Ansprüche und Anwartschaften der Versorgungsberechtigten gegen den Arbeitgeber, die mit der Insolvenzeröffnung kraft Gesetzes auf den PSV übergehen, sind und bleiben Ansprüche auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Da sie mit der Insolvenzeröffnung als Kapitalsumme zur Insolvenztabelle anzumelden sind, haben sie nicht den Charakter wiederkehrender Leistungen. Die Forderungen des PSV verjähren daher in 30 Jahren, und nicht bereits in der regelmäßigen 3-jährigen Verjährungsfrist.

Sachverhalt (vereinfacht dargestellt):

Die Parteien streiten über die Verjährung von Forderungen, die der klagende PSV als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung der bAV zur Insolvenztabelle angemeldet hat.

Über das Vermögen der ehemaligen zusagenden Arbeitgeberin wurde Anfang 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über dieses Vermögen.

Der PSV meldete die im Rahmen der Insolvenz auf ihn übergegangenen Forderungen der Versorgungsberechtigten zur Insolvenztabelle an. Der beklagte Insolvenzverwalter stellte diese als Kapitalsumme zur Insolvenztabelle fest. Dabei wurde ein Rechnungszinssatz von 5,5 % zugrunde gelegt.

Da das BAG mit Urteil vom 18.05.2021 (3 AZR 317/20) entschieden hatte, dass bei der Abzinsung der Forderungen der gesetzliche Zinssatz von 4 % (statt 5,5 %) anzuwenden sei, was zu einem höheren Kapitalabfindungsbetrag führt, meldete der Kläger eine weitere Forderung zur Insolvenztabelle an. Der Beklagte stellte diese jedoch nicht zur Tabelle fest.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass für diese nachgemeldete Forderung die regelmäßige 3-jährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB gelte und erhob die Einrede der Verjährung.

Der Kläger ist der Ansicht, dass für diese Forderungen die 30-jährige Verjährungsfrist gem. § 18a S. 1 BetrAVG gelte.

Die Vorinstanzen – zuletzt das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 28.02.2024 – 4 Sa 36/23 – haben der Klage stattgegeben. Die Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg.

Entscheidung:

Das BAG entschied, dass die nachgemeldete Forderung des Klägers nicht verjährt ist. Das BAG ist der Ansicht, dass die kapitalisierten Forderungen, auch nach dem gesetzlichen Übergang von den Versorgungsberechtigten auf den PSV, Ansprüche auf Leistungen aus der bAV i.S.d. § 18a S. 1 BetrAVG sind. Es handele sich wegen der Kapitalisierung nicht um Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen, die gemäß § 18a S. 2 BetrAVG der regelmäßigen 3-jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB unterliegen. Dies ergebe die Auslegung des § 18a BetrAVG.

Hinweis:

Sollten sich aus der Begründung des Urteils (bislang liegt lediglich eine Pressemitteilung vor), die erfahrungsgemäß in wenigen Monaten vorliegen wird, weitere Details ergeben, werden wir an dieser Stelle berichten.

Zur Verjährung von Ansprüchen auf Leistungen aus der bAV:

  • Anspruch auf einzelne laufende Rentenzahlung verjährt grundsätzlich in 3 Jahren; spätestens nach 10 Jahren
  • Rentenstammrecht verjährt in 30 Jahren
  • Anspruch auf Kapitalleistung verjährt in 30 Jahren

Gemäß § 18a S. 1 BetrAVG verjährt der Anspruch auf Leistungen aus der bAV in 30 Jahren.
§18a S.2 BetrAVG regelt, dass Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB unterliegen.

Konkret bedeutet dies:

Das Rentenstammrecht, also der grundsätzliche Anspruch auf die Leistungen aus der bAV, verjährt in 30 Jahren.Wiederkehrende Leistungen, also die jeweiligen laufenden Rentenzahlungen, verjähren dagegen in 3 Jahren.

Beispiel: Eine versorgungsberechtigte Person hat seit dem 01.01.2015 einen Anspruch auf die Auszahlung einer monatlichen Betriebsrente.

Alle monatlichen Rentenzahlungen, die die versorgungsberechtigte Person bis Ende 2018 hätte beanspruchen können, sind heute bereits verjährt. Die Drei-Jahres-Frist beginnt zum Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Rentner Kenntnis von seinem Leistungsanspruch hat (§ 199 Abs. 1 BGB). Im konkreten Beispiel beginnt die Verjährungsfrist von Ansprüchen aus 2015 mit Ablauf des 31.12.2015; von Ansprüchen aus 2018 mit Ablauf des 31.12.2018. Demnach sind mit Ablauf des 31.12.2021 alle Ansprüche auf Rentenzahlungen von 2015 bis 2018 verjährt. (Unabhängig von der Kenntnis oder der grob fahrlässigen Unkenntnis des Rentners verjährt der Anspruch auf die einzelne Rentenrate spätestens nach 10 Jahren ab Entstehung des Anspruchs).

Das Rentenstammrecht hingegen verjährt erst mit Ablauf des 31.12.2045 nach der 30-jährigen Verjährungsfrist. Ist der Anspruch anstelle einer Rentenleistung auf eine Kapitalleistung gerichtet, gilt für diesen Anspruch ebenfalls die 30-jährige Frist, da die Kapitalleistung keine regelmäßige wiederkehrende Leistung ist.

Die versorgungsberechtigte Person hat außerdem einen Anspruch auf Anpassungsprüfung der laufenden Versorgungsleistungen, § 16 Abs. 1 BetrAVG. Diese Anpassungsprüfung und -entscheidung hat alle drei Jahre ab Versorgungsbeginn zu erfolgen. Der Anspruch darauf verjährt mit einer Frist von 30 Jahren. Dagegen gilt für die einzelnen, laufenden Versorgungsleistungen, also die Anpassungsbeträge als Teil der wiederkehrenden Leistung, die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist.

Je nach Rechtsgebiet können die Verjährungsfristen unterschiedlich ausfallen. So verjähren Ansprüche der Sozialversicherungsträger auf Beitragszahlungen innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind, § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV. Sollten Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden sein, gilt nach § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV sogar eine 30-jährige Verjährungsfrist.

In diesem Zusammenhang sei abschließend darauf hingewiesen, dass eine sehr lange Speicherung von Daten im Rahmen der bAV notwendig sein kann, um Ansprüche berechnen, abwehren oder deren Erfüllung nachweisen zu können.

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