Auswirkungen der Inflation auf die Rentenanpassung – historisch hoher Anstieg des Verbraucherpreisindexes
- Höhere Anpassungen für laufende Betriebsrenten erwartet
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Verbraucherpreisindex versus Nettolohnentwicklung bei der Rentenanpassung
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Nettolohnbetrachtung gewinnt an Bedeutung
Nach § 16 Abs. 1 und 2 BetrAVG hat der Arbeitgeber – sofern keine Ausnahme nach Abs. 3 vorliegt – alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Verpflichtung gilt als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg
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des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder
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der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum.
Daher genügt der Arbeitgeber der gesetzlichen Anforderung, wenn er den niedrigeren der beiden Maßstäbe erfüllt.
Zweck der Anpassungsprüfung ist es, der Entwertung der laufenden Leistungen der bAV durch den Anstieg der Lebenshaltungskosten entgegenzuwirken.
2. Historie
In der Vergangenheit war in aller Regel die Anpassung auf Grundlage der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes (VPI) für den Arbeitgeber die günstigere Variante, da insb. bei langen Laufzeiten die Gehaltsentwicklung häufig über der VPI-Entwicklung lag.
3. Notwendigkeit der Einbindung einer Nettolohnbetrachtung in die Anpassungsprüfung
Vor dem Hintergrund der stark angestiegenen Inflation ist bei den kommenden Anpassungsprüfungen davon auszugehen, dass insb. bei kürzeren Laufzeiten der Renten eine Anpassung basierend auf der Reallohnentwicklung für den Arbeitgeber günstiger sein kann. Wirtschaftlich wird diese Thematik voraussichtlich eine erhebliche Wirkung entfalten. Insbesondere bei kurzen Laufzeiten wird sich der Inflationsanstieg deutlich stärker auswirken als die Reallohnentwicklung. So kann die Nettolohnbetrachtung den Arbeitgeber entlasten.
4. Prüfungsmaßstab
Ein Wechsel des Prüfungsmaßstabs vom VPI zur Nettolohnentwicklung und umgekehrt kann zu jedem Anpassungsprüfungsstichtag erfolgen. Der Arbeitgeber ist nicht an einen einmal gewählten Maßstab dauerhaft gebunden. Beruft sich der Arbeitgeber auf eine geringere Nettolohnentwicklung, wird er den Anpassungsbedarf für jeden einzelnen Betriebsrentner individuell berechnen und dann vergleichbare Arbeitnehmergruppen bilden und deren Nettolohnentwicklung bestimmen müssen. Bei der Gruppenbildung darf der Arbeitgeber unter anderem die Gesamtkonzeption seines Versorgungswerks, die Praktikabilität der in Betracht kommenden Modelle und den mit ihnen jeweils verbundenen Verwaltungsaufwand berücksichtigen, muss jedoch den Interessen der Versorgungsberechtigten und dem Anpassungszweck ausreichend Rechnung tragen.
5. Nettolohnermittlung
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei der Vergleichsbetrachtung Verbraucherpreisindex versus Nettolohnentwicklung jeweils auf die (Index-)Werte der Monate abzustellen, die dem Rentenbeginn und dem Anpassungsstichtag unmittelbar vorangehen. Auf Jahresdurchschnittswerte darf nicht abgestellt werden. Auszugehen ist zunächst von der Entwicklung des Bruttolohns. Dabei sind grundsätzlich sämtliche Vergütungsbestandteile der maßgeblichen Beschäftigten zu berücksichtigen (z.B. auch Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld). Die Betriebsrentner sollen gegenüber den Aktiven weder bevorzugt noch benachteiligt werden. Das Versorgungsniveau wird im selben Umfang aufrechterhalten wie das Einkommensniveau der Aktiven. Ausgehend von dem so ermittelten Bruttolohn berechnet sich der Nettolohn grundsätzlich, indem vom Bruttoarbeitsentgelt die Einkommensteuer, die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung sowie ggf. der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer abgezogen werden.
Wir unterstützen Sie gerne bei der Prüfung, ob eine Anpassung vorzunehmen ist, der Ermittlung des ggf. bestehenden Anpassungsbedarfs, insb. der Frage, ob die Anpassung auf Grundlage des VPI oder der Nettolohnentwicklung günstiger ist, sowie der Erstellung der ggf. erforderlichen Schreiben an die Versorgungsempfänger und selbstverständlich auch bei allen weiteren Fragen rund um die Anpassungsprüfung.
Nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.