Marco Westermann - 31 Mär 2023

Grundsicherung im Alter: Kein Grund, betriebliche Altersversorgung (bAV) zu unterlassen

  • Eigentlich weiß es jeder: Ergänzende Altersvorsorge ist essenziell
  • Manche Geringverdiener haben im Alter Anspruch auf Grundsicherung, wenn ihre Rente oder sonstige Einkommen zu niedrig und Vermögen nicht vorhanden ist
  • Ergänzende Altersvorsorge wird mit einem Freibetrag bei der Grundsicherung honoriert

Einmal im Jahr informiert die Deutsche Rentenversicherung in einem übersichtlichen Dokument über aktuelle statistische Daten der gesetzlichen Rentenversicherung. So auch in diesem Jahr. Dem quasi druckfrischen Flyer „Ergebnisse auf einen Blick“ sind unter anderem die durchschnittlichen monatlichen Altersrentenzahlbeträge per 31.12.2021 im Gesamtbestand der Deutsche Rentenversicherung zu entnehmen. Diese betrugen:

- in den alten Bundesländern 1.212 EUR für Männer und 737 EUR für Frauen,
- in den neuen Bundesländern 1.292 EUR für Männer und 1.082 EUR für Frauen.

Dies sind wohlgemerkt Durchschnittsbeträge - in vielen Fällen ist die gezahlte Rente noch deutlich niedriger.
Es ist offensichtlich, dass sich viele Menschen mit dem Eintritt in den Ruhestand in ihrem Lebensstandard einschränken müssen, wenn sie allein auf die Sozialversicherungsrente angewiesen sind. Aus diesem Grund weisen unter anderem die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung mit jeder Renteninformation, die der Versicherte jährliche erhält, auf die Notwendigkeit ergänzender Vorsorge hin: 

„Zusätzlicher Vorsorgebedarf
Da die Renten im Vergleich zu den Löhnen künftig geringer steigen werden und sich somit die spätere Lücke zwischen Rente und Erwerbseinkommen vergrößert, wird eine zusätzliche Absicherung für das Alter wichtiger (Versorgungslücke"). Bei der ergänzenden Altersvorsorge sollten Sie - wie bei Ihrer zu erwartenden Rente - den Kaufkraftverlust beachten." (Quelle: Renteninformation der Deutsche Rentenversicherung Bund, Stand 10.03.2023)

Dass die gesetzliche Rente allein nicht reichen wird, hat inzwischen die Mehrheit der Bundesbürger verstanden, was Umfragen belegen (ganz aktuell eine Allensbach-Befragung). Dass insbesondere die Altersvorsorge mittels der bAV besonders effizient ist, wurde durch wissenschaftliche Studien belegt. Eine ist hier zu finden.

Die bAV wird für Arbeitnehmer umso vorteilhafter, je stärker sich der Arbeitgeber finanziell beteiligt. Der gesetzlich vorgeschriebene Arbeitgeber-Zuschuss zur bAV beträgt bei der Entgeltumwandlung regelmäßig 15 % des Umwandlungsbetrages; viele Arbeitgeber leisten freiwillig sogar einen höheren Zuschuss.

Für die Einrichtung einer bAV für Geringverdiener hat der Gesetzgeber bereits seit 2018 einen besonderen Anreiz für Arbeitgeber geschaffen: Die sogenannte Geringverdienerförderung gem. § 100 EStG. Im Rahmen dieser Norm wird die arbeitgeberfinanzierte bAV für Geringverdiener durch einen Zuschuss des Staates in Höhe von 30 % des Beitrags gefördert. Details dazu sind hier zu finden.

Gerade für Arbeitnehmer mit geringem Einkommen und / oder mehreren Kindern kann zudem die Zulagenförderung sehr lukrativ sein, die auch in der bAV möglich ist. Wie sie in der bAV funktioniert, ist hier beschrieben.

Es gibt also nicht nur die Notwendigkeit ergänzender Vorsorge für das Alter, sondern insbesondere mit der bAV auch ein sehr gutes Instrument dafür. Dennoch zögern manche Arbeitnehmer und auch Arbeitgeber, das Thema bAV aktiv anzugehen. Ein Grund dafür ist, dass sich hartnäckig das Gerücht hält, die Betriebsrente werde voll auf die Altersrente bzw. auf die Grundsicherung im Alter angerechnet. Daher ergebe sie für Menschen, die absehbar in die Grundsicherung fallen werden, keinen Sinn.

Das stimmt aber nicht. Eine Betriebsrente wurde und wird nicht auf die gesetzliche Altersrente angerechnet, weil sie kein anrechenbares Arbeitsentgelt ist.

Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz im Jahre 2018 wurde zudem nicht nur die oben erwähnte Geringverdienerförderung eingeführt, sondern es wurden konsequenter Weise u.a. auch deutliche Verbesserungen bei der Anrechnung ergänzender freiwilliger Altersversorgung auf die Grundsicherung im Alter geschaffen.

Seither bleibt bei der Ermittlung der Grundsicherung im Alter (und bei einer Erwerbsminderung) ein Sockelbetrag von monatlich 100 EUR aus einer zusätzlichen Altersvorsorge des Leistungsberechtigten anrechnungsfrei. Darüber hinaus bleiben 30 % des übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersversorgung unberücksichtigt (§ 82 Abs. 4 SBG XII).

Insgesamt ist die Nichtanrechnung zusätzlicher Altersvorsorge auf 50 % der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII begrenzt. Die Regelbedarfe werden jährlich überprüft und ggf. angepasst. Zum 01. Januar 2023 wurde der Betrag nach Regelbedarfsstufe 1 (RBS 1) auf 502 EUR monatlich erhöht.

Die folgenden Beispiele dienen der Verdeutlichung der Funktionsweise. Insbesondere das letzte Beispiel ist in der Praxis eher untypisch, da nur wenige Empfänger von Leistungen der Grundsicherung im Alter über Zusatzversorgungen in der genannten Höhe verfügen dürften.

Beispiel 1:
Mtl. Betriebsrente in Höhe von 85 EUR
- keine Anrechnung auf die Grundsicherung, da kleiner 100 EUR Sockelbetrag

Beispiel 2:
Mtl. Betriebsrente in Höhe von 150 EUR
- 150 EUR - 100 EUR Sockelbetrag = 50 EUR übersteigender Betrag
- zusätzlicher Freibetrag 30 % von 50 EUR = 15 EUR, also insgesamt 115 EUR
- Freibetrag insges. 115 EUR, keine Maximierung auf 50 % der RBS 1 (251 EUR)
- von 150 EUR Betriebsrente werden 35 EUR (150 EUR - 115 EUR Freibetrag) auf die Grundsicherung angerechnet

Beispiel 3 (aufgrund der Höhe der bAV eher unrealistische Konstellation):
Mtl. Betriebsrente in Höhe von 700 EUR
- 700 EUR - 100 EUR Sockelbetrag = 600 EUR übersteigender Betrag
- zusätzlicher Freibetrag 30 % von 600 EUR = 180 EUR, also insgesamt 280 EUR
- ABER: Begrenzung des Freibetrags auf 50 % der RBS 1 = 251 EUR
- anrechenbarer Freibetrag somit 251 EUR
- von 700 EUR Betriebsrente werden 449 EUR (700 EUR - 251 EUR Freibetrag) auf die Grundsicherung angerechnet

Der Freibetrag gilt für alle monatlich laufenden, lebenslangen Leistungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, Riester-Renten, Basisrenten und privaten Rentenversicherungen. Eine Kapitalisierungsoption während des Leistungsbezugs muss ausgeschlossen sein.

Übrigens wurde auch die über Jahre kritisierte Belastung von Betriebsrenten mit Krankenversicherungsbeiträgen für gesetzlich Pflichtversicherte seit dem 1. Januar 2020 deutlich entschärft. Seither gilt hier ein monatlicher Freibetrag in Höhe von einem Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV, was in 2023 einem Betrag von 169,75 EUR mtl. entspricht.

Die Beispiele machen deutlich, dass es auch für die Bezieher niedrigerer Einkommen und somit für Menschen, die später ggf. einmal auf Grundsicherung angewiesen sein könnten, sowie für deren Arbeitgeber durchaus Sinn ergibt, mittels bAV vorzusorgen. Denn aufgrund der genannten Freibeträge und der attraktiven staatlichen Förderung der bAV erhöht diese das verfügbare Einkommen im Alter auf besonders effiziente Weise. So hilft die bAV, den Lebensstandard im Ruhestand zu sichern.

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