Livia Schäfer - 31 Mai 2023
Arbeitgeber ist kein Versicherungsvermittler im Sinne des EuGH-Urteils vom 29.09.2022 (C-633/20)
Ausgangssituation:
Mit Urteil vom 29.09.2022 (C-633/20) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass unter den Begriff „Versicherungsvermittler“ im europarechtlichen Sinn jede natürliche oder juristische Person fällt, die eine freiwillige Mitgliedschaft in einer zuvor von ihr als Versicherungsnehmer abgeschlossenen Gruppenversicherung anbietet, für die sie von ihren Kunden[1] eine Vergütung erhält und die die Kunden zur Inanspruchnahme von bestimmten Versicherungsleistungen berechtigt. Der Begriff „Vergütung“ umfasst dabei wirtschaftliche Vorteile jeglicher Art.
Auf Grundlage dieses Urteils stellte sich die Frage, ob ein Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) Versicherungsvermittler i.S.d. EuGH-Urteils ist und daher eine gewerberechtliche Erlaubnis und eine Eintragung ins Vermittlerregister benötigt sowie weitere Vermittlerpflichten (Weiterbildungs-, Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten) zu beachten hat.
Denn in der bAV werden vielfach Kollektiv- bzw. Gruppenverträge geschlossen, mit denen die Rahmenbedingungen sowie Sonderkonditionen der jeweils abzuschließenden Versicherungsverträge (z.B. einer Direktversicherung) geregelt werden. Vertragspartner des Kollektiv- bzw. Gruppenvertrags und Versicherungsnehmer des auf Grundlage des Kollektivvertrags abzuschließenden Lebensversicherungsversicherungsvertrags ist jeweils der Arbeitgeber. Versicherte Person und damit Begünstigter der Versorgungsleistungen ist der Arbeitnehmer. In vielen Fällen werden durch den Gruppen- bzw. Kollektivvertrag zudem vergünstigte Konditionen für die entsprechenden Versicherungsverträge gewährt.
Auswirkung der Entscheidung auf die bAV:
Nach interner, fachübergreifender Prüfung ist die bAV aus unserer Sicht von diesem Urteil nicht betroffen. U.E. sind Arbeitgeberkunden der HDI Lebensversicherung AG keine Versicherungsvermittler i.S.d. EuGH-Urteils und benötigen daher weder eine gewerberechtliche Erlaubnis noch eine Eintragung ins Vermittlerregister. Entsprechende Vermittlerpflichten (Weiterbildungs-, Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten) sind in der Folge ebenfalls nicht zu erfüllen.
Aus unserer Sicht liegt bei den mit der HDI Lebensversicherung AG abgeschlossenen Verträgen bereits kein echter Gruppenversicherungsvertrag i.S.d. EuGH-Urteils vor. Denn mit dem Kollektiv- bzw. Gruppenvertrag werden nur die Rahmenbedingungen sowie Sonderkonditionen der jeweils anschließend noch abzuschließenden einzelnen Versicherungsverträge zur bAV (z.B. einer Direktversicherung) geregelt. D.h. aber der Kollektiv- bzw. Gruppenvertrag selbst stellt noch nicht den Versicherungsvertrag dar; vielmehr ist der Versicherungsvertrag bezogen auf jeden einzelnen Arbeitnehmer gesondert abzuschließen. Trotz der Tatsache, dass der Arbeitgeber Versicherungsnehmer des auf Grundlage des Kollektivvertrags abzuschließenden Lebensversicherungsversicherungsvertrags und der Arbeitnehmer versicherte Person und damit Begünstigter der Versorgungsleistungen ist, handelt es sich nicht automatisch um einen echten Gruppenversicherungsvertrag.
Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber auch keine Vergütung von der HDI Lebensversicherung AG erhält. Unterstellt, die vereinbarten Sonderkonditionen sind als wirtschaftlicher Vorteil im europarechtlichen Sinne anzusehen, kommen diese hauptsächlich dem Arbeitnehmer als versicherter Person zu und eben nicht dem Arbeitgeber.
Entsprechendes gilt u.E. für den Fall, dass der Arbeitgeber – im Rahmen des zwischen der HDI Lebensversicherung AG mit dem Industrie-Pensions-Verein e.V. bzw. Verein zur Förderung des Handels, Handwerks und der Industrie e. V. geschlossenen Kooperationsvertrags – Mitglied in dem jeweiligen Verein ist.
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[1] Personenbezeichnungen beziehen sich grundsätzlich auf alle Geschlechter; in der Regel wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur die männliche Sprachform verwendet.
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