Nadine Wiese - 30 Aug 2024

BFH-Urteil vom 28. Februar 2024, I R 29/21 Ansatzvoraussetzungen für eine Pensionsrückstellung; vGA

  • Sind die Voraussetzungen für den Bezug einer Versorgungskomponente (zum Beispiel Altersrente mit Erreichen der Regelaltersgrenze) in der Pensionszusage eindeutig bestimmt, ist hierfür eine Pensionsrückstellung zu bilden, auch wenn die Zusage keine eindeutigen Angaben zu den Voraussetzungen einer anderen Versorgungskomponente (zum Beispiel vorzeitigen Altersrentenbezug) enthält, vorausgesetzt es handelt sich um teilbare Leistungen.
  • Rentenzahlungen auf der Grundlage einer unklaren Vereinbarung sind als verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu qualifizieren, da ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis liegt und sie somit nicht fremdüblich sind.

Sachverhalt (vereinfacht dargestellt)

Die Beteiligten streiten über die einkommenserhöhende Auflösung von Pensionsrückstellungen und den Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA).

Das klagende Unternehmen wurde 1984 gegründet. Alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer waren Z und Y. Auf der Grundlage eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses erteilte die Klägerin beiden Geschäftsführern im Jahr 1985 inhaltsgleiche Pensionszusagen (Altersrente bei Ausscheiden aus der Firma mit Erreichen der Altersgrenze i.H.v. 66,67 % des Aktivgehalts pro Monat). Zugleich wurde eine Witwenrente zugunsten der jeweiligen Ehepartner (60 % der Anwartschaft auf Altersrente) vereinbart.

Im Jahr 1992 wurden die Pensionszusagen, unter Aufhebung der Ursprungszusagen, neu gefasst. Als Altersgrenze wurde der letzte Tag des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wurde, festgelegt. Zugleich wurde bestimmt: "Sie haben auch die Möglichkeit, zu einem früheren oder einem späteren Zeitpunkt als der Vollendung des 65. Lebensjahres bei Ausscheiden aus der Firma eine Altersrente gemäß Punkt A-1. zu beziehen. Aufgrund der kürzeren bzw. längeren Dienstzeit und entsprechend längeren bzw. kürzeren Gewährungsdauer der Rente wird die mit dem 65. Lebensjahr gemäß Punkt A-1. erreichbare Rente um 0,4 Prozent pro Monat des vorzeitigen Bezuges der Altersrente gekürzt bzw. um 0,4 Prozent pro Monat der längeren Dienstzeit erhöht. Der vorzeitige Bezug der Rente ist jedoch entsprechend der Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung auf das 62. Lebensjahr begrenzt." Zugleich wurde ein Anspruch auf Witwenrente zugesagt, wenn die Ehe mit der anspruchsberechtigten Partnerin mindestens fünf Jahre vor dem Erreichen der Altersgrenze gemäß Punkt B-1. geschlossen wurde und zum Zeitpunkt des Todes noch bestand.

Im Jahr 1994 erteilte die Klägerin (erneut) im Wesentlichen inhaltsgleiche Pensionszusagen mit dem Zusatz, dass die Zusage aus dem Jahr 1985 erlischt. Abweichend zu der Zusage aus dem Jahr 1992 wurde mit der Zusage im Jahr 1994 nur der Zeitpunkt der vorgezogenen Inanspruchnahme vom Alter 62 auf das Alter 60 gesenkt. Im Jahr 1996 genehmigte die Gesellschafterversammlung "soweit nicht bereits in der Vergangenheit geschehen, die bisher erteilten Versorgungszusagen, gegebenenfalls mit Nachträgen".

Im Jahr 2010 übertrugen Z (59 Jahre alt) und Y (57 Jahre alt) ihre Geschäftsanteile auf ihre Söhne S und T und legten ihre Ämter als Geschäftsführer nieder, seit 2011 bezieht Z (60 Jahre alt) beziehungsweise Y seit 2013 (60 Jahre alt) eine vorzeitige Altersrente.

Die Finanzverwaltung bemängelte bei einer Betriebsprüfung für die Streitjahre 2009 bis 2012 verschiedene Punkte. So ließen die Zusagen nach ihrem Wortlaut keinen vorzeitigen Bezug von Altersrente zu, da dieser nur "bei Ausscheiden aus der Firma" möglich sei. Aufgrund des vorzeitigen (vor dem 60. Lebensjahr erfolgten) Ausscheidens sei ein zusagegemäßer Altersrentenbezug erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres zulässig gewesen. Durch die zusagewidrig erfolgten vorzeitigen Rentenzahlungen an Z und Y werde die Veranlassung der Zusagen durch das Gesellschaftsverhältnis evident. Bei den Rückstellungszuführungen der Jahre ab 2009 handele es sich daher ebenso wie bei den monatlichen Rentenzahlungen um vGA. Die Außenprüferin war der Ansicht, ausweislich des vorgelegten Gesellschafterbeschlusses sei anlässlich der Gesellschafterversammlung keine Konkretisierung hinsichtlich der zu erteilenden Pensionszusagen erfolgt, so dass die Pensionsrückstellung aufzulösen sei. Zudem sehe die gesetzliche Rentenversicherung einen Rentenbezug mit Vollendung des 60. Lebensjahres nicht vor.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof stellt klar, erforderlich sei, dass sich der Inhalt der Pensionszusagen zweifelsfrei feststellen ließe, und zwar sowohl über den Grund (Art, Form, Voraussetzungen, Zeitpunkt) der Pensionszusagen als auch deren Höhe. Die Anforderungen bezögen sich auf den jeweiligen Bilanzstichtag und beträfen damit nicht lediglich die ursprüngliche Zusage, sondern auch deren spätere Änderung. Fehle es an dieser Eindeutigkeit der Zusage bezogen auf eine Versorgungskomponente, hindere dies insoweit nicht eine Rückstellung für die Zusage einer anderen Versorgungskomponente unter der Voraussetzung der Teilbarkeit der zugesagten Leistungen. Auch innerhalb eines bestimmten Leistungsversprechens sei eine Teilbarkeit vorstellbar und mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar.

Seien demnach die Voraussetzungen für den Bezug einer Altersrente eindeutig bestimmt, sei hierfür eine Rückstellung auch dann zu bilden, wenn die Voraussetzungen für den Bezug einer vorzeitigen Altersrente (im Hinblick auf die Dauer der möglichen Inanspruchnahme) nicht klar festgelegt sind. Die steuerliche Nichtanerkennung der vorzeitigen Altersrente führe dann dazu, die Rückstellung hinsichtlich des Altersversorgungsversprechens, nach dem Pensionsalter für die normale Altersrente zu berechnen und dementsprechend der Höhe nach zu begrenzen.

Die laufenden Renten sind nach Ansicht des BFH als vGA zu behandeln mit der Folge, dass es außerhalb der Bilanz zu einer Korrektur des steuerlichen Gewinns kommt. Denn die Gewährung einer Leistung an einen beherrschenden GGF führe zu einer vGA, wenn diese erfolgt, obwohl die maßgebliche Regelung unklar sei. Die Rentenzahlungen hielten in diesem Fall einem Fremdvergleich nicht stand.

Der BFH hat die Sache wegen fehlender Spruchreife an das Finanzgericht zurückverwiesen. Das Finanzgericht wird über die konkrete Rückstellungshöhe zu urteilen haben und, ob mit Blick auf die zu bildende Pensionsrückstellung für alle Streitjahre eine außerbilanzielle Korrektur unter dem Gesichtspunkt der vGA vorzunehmen ist, da die Pensionszusagen möglicherweise vor Ablauf einer angemessenen Probezeit gewährt wurden.

Fazit

Durch das aktuelle Urteil wird nochmal deutlich, wie wichtig es ist, bei der Gestaltung von Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer Wert auf klare und eindeutige Regelungen zu legen und sich insbesondere zu fragen, ob vorhandene Regelungen nicht je nach Lesart auch anders verstanden werden könnten. Interessant ist weiterhin die Klarstellung des BFH, dass eine Pensionsrückstellung für – in diesem Fall – die Altersrente nicht daran scheitert, dass die Regelung zu einer speziellen Leistung – hier die vorgezogene Inanspruchnahmemöglichkeit – nicht dem Eindeutigkeitserfordernis genügt.

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