HPM - 12 Nov 2019

BGH Urteil zum Widerruf einer einem GmbH-Geschäftsführer erteilten Pensionszusage

Aktuelles aus der Rechtsprechung

  • BGH Urteil vom 02.07.2019 — II ZR 252/16

  • Eine GmbH kann Versorgungsansprüchen ihres Geschäftsführers (GF) nur dann den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten, wenn der GF seine Pflichten in so grober Weise verletzt hat, dass sich die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich entwertet herausstellt.

  • Durch das grobe Fehlverhalten des GF muss eine existenzbedrohende Lage für die Gesellschaft entstanden sein.

 

 

 

 

 

 
 
 
Sachverhalt (vereinfacht dargestellt):

Der Kläger war alleiniger Geschäftsführer und mehrheitsbeteiligter Gesellschafter bei der beklagten GmbH. 1999 wurde dem Kläger seitens der Beklagten eine Pensionszusage erteilt. Die Pensionszusage wurde durch Vermögenswerte gedeckt. 2013 veräußerte der Kläger die Mehrheit seiner Anteile an eine andere Gesellschaft. Der Kläger blieb Minderheitsgesellschafter und Geschäftsführer der beklagten GmbH. Es wurden weitere Geschäftsführer bestellt. In der Folgezeit kam es zu Streitigkeiten, die zwischen dem Kläger und einem weiteren Geschäftsführer in ein nachhaltiges Zerwürfnis mündeten. Außerdem verwertete der Kläger die zur Deckung seiner Pensionszusage bestehenden Vermögenswerte der Beklagten. Die Beklagte nahm den Kläger daraufhin ihrerseits erfolgreich auf Rückerstattung in Anspruch. Aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung wurde der Verwaltungssitz verlegt. Der Kläger weigerte sich allerdings, dort seine Tätigkeit aufzunehmen. In einer weiteren Gesellschafterversammlung wurde u. a. beschlossen, die dem Kläger erteilte Pensionszusage zu widerrufen. Der Kläger wurde darüber hinaus im selben Tätigkeitsbereich für eine andere Gesellschaft tätig, deren Kunden in hohem Maße von der beklagten GmbH stammten. Die Beklagte hat ihre Geschäftstätigkeit mittlerweile eingestellt.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger die Anfechtung des Beschlusses über den Widerruf seiner Pensionszusage. Das Landgericht Köln wies die Klage als unbegründet ab (LG Köln, Urteil vom 14.11.2014 - 82 O 25/14). Das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Beschluss vom 25.08.2016 - 18 U 230/14) wies die Berufung des Klägers zurück. Die Revision des Klägers war erfolgreich.

Entscheidung:

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) reichen die vom OLG Köln getroffenen Feststellungen nicht für einen Widerruf der Pensionszusage aus. Der BGH entschied, dass ein Widerruf einer Pensionszusage nur dann erfolgen kann, wenn die beklagte GmbH dem Versorgungsberechtigten Kläger den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegenhalten kann und damit die Erfüllung der Verpflichtung verweigern kann. Eine GmbH könne Versorgungsansprüchen ihres Geschäftsführers nur dann den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten, wenn der Geschäftsführer seine Pflichten in so grober Weise verletzt habe, dass sich die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich entwertet herausstellt. Durch das grobe Fehlverhalten des Geschäftsführers müsse eine existenzbedrohende Lage für die Gesellschaft entstanden sein.

Nach Ansicht des BGH wurde im vorliegenden Fall seitens des OLG Köln nicht festgestellt, dass die Existenzgefährdung maßgebend auf eine grobe Pflichtverletzung des Klägers zurückzuführen ist. Die Feststellungen zur Einflussnahme auf das Kundenverhalten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers für eine andere Gesellschaft sei nicht ausreichend. Es sei nicht hinreichend festgestellt worden, ob der Kläger dazu beigetragen habe, dass ein erheblicher Kundenbestand der Beklagten auf diese andere Gesellschaft gewechselt sei und der Kläger dadurch vorsätzlich und nachhaltig das Geschäft der Beklagten zum Erliegen gebracht habe.

Ebenso sei u.a. keine nähere Bewertung erfolgt, welche Auswirkungen die verweigerte Teilnahme an der Verlegung des Verwaltungssitzes auf die Beklagte gehabt habe. Auch der Zugriff des Klägers auf die Vermögenswerte der Beklagten lässt nach Ansicht des BGH keine derartige Schädigung erkennen, die zum Widerruf der Pensionszusage führen kann. Insbesondere hatte der von der Beklagten gerichtlich geltend gemachte Rückgewähranspruch Erfolg.

Hinweis:

Die Berufungsentscheidung des OLG Köln wurde damit aufgehoben. Eine endgültige Entscheidung bleibt allerdings abzuwarten, da die Sache zur neuen Entscheidung an das OLG Köln zurückverwiesen wurde. Dieses muss nun die Feststellungen treffen und neu entscheiden.

Der BGH schließt sich damit der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts an. Dieses hat für Arbeitnehmer bereits entschieden, dass eine Versorgungszusage nur dann widerrufen werden darf, wenn dem Arbeitnehmer der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden kann. Dies sei der Fall, wenn dieser die Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen hat oder wenn der Arbeitnehmer durch grobes Fehlverhalten einen nicht wiedergutzumachenden schweren Schaden verursacht hat, der eine existenzbedrohende Lage herbeigeführt hat.

Schon mit Urteil vom 13.12.1999 (II ZR 152/98) hatte der BGH entschieden, dass eine GmbH Versorgungsansprüchen ihres Geschäftsführers nur dann den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten kann, wenn dieser seine Pflichten in so grober Weise verletzt hat, dass sich die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich entwertet herausstellt.

Bislang vom BGH allerdings offen gelassen ist die Frage, ob dem Versorgungsberechtigten auch dann der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden kann, wenn sein Fehlverhalten zwar zu einem extrem hohen Schaden geführt hat, aber dadurch keine Existenzgefährdung entstanden ist (BGH, Urteil vom 18.06.2007 — II ZR 89/06).

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