Siegfried Kurz - 23 Okt 2020

Ratgeber Altersteilzeitgutachten

Ihr Unternehmen möchte Mitarbeitern den Übergang in die Rente durch Vereinbarungen über Altersteilzeit erleichtern oder hat bereits solche Vereinbarungen abgeschlossen? Dann müssen Sie dafür Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden, um diese in der Bilanz einstellen zu können. Hierfür benötigen Sie ein Gutachten, in welchem diese Bilanzzahlen ermittelt und dargestellt werden. Nachfolgend finden sie nützliche Informationen rund um das Thema Altersteilzeitgutachten.

Kurzübersicht
  • Was versteht man unter Altersteilzeit?

  • Welche Modelle für Altersteilzeit gibt es?

  • Änderungen bei Altersteilzeitregelungen seit 1996

  • Welche Arten von Altersteilzeitgutachten gibt es?

  • Die Bewertung von Altersteilzeit in der Steuerbilanz

  • Die Bewertung von Altersteilzeit in der Handelsbilanz

  • Welche Daten werden für ein Altersteilzeitgutachten benötigt?

Was versteht man unter Altersteilzeit?

Mit Einführung der Altersteilzeit wurde ein gesetzlich geregeltes Modell geschaffen, das älteren Arbeitnehmern durch eine Reduzierung der Arbeitszeit einen gleitenden Übergang in den Ruhestand ermöglicht und gleichzeitig jüngeren Arbeitnehmern freiwerdende Arbeitsplätze zur Verfügung stellt. Die Altersteilzeit wird im Altersteilzeitgesetz (AltTZG) geregelt, das am 01.08.1996 in Kraft getreten ist. Danach sollen ältere Arbeitnehmer (ab dem vollendeten 55. Lebensjahr) für einen Übergangszeitraum ihre Arbeitszeit halbieren können.

Der Arbeitnehmer erhält während der Altersteilzeit das vereinbarte Altersteilzeitentgelt, welches normal versteuert wird und auch sozialversicherungspflichtig ist. Darüber hinaus erhält er von seinem Arbeitgeber Aufstockungen zum Gehalt sowie Aufstockungen zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Hierbei ist zu beachten, dass beide Arten der Aufstockung steuer- und sozialversicherungsfrei sind, jedoch die Aufstockung zum Gehalt dem Progressionsvorbehalt nach § 32 Abs. 1 Nr. 1g EStG unterliegt. Da dieses erst bei der Steuererklärung nach Ablauf des Jahres Berücksichtigung findet, kann es dann zu einer Steuernachzahlung kommen.

Welche Modelle für Altersteilzeit gibt es?

Die Altersteilzeit kann in verschiedenen Modellen erfolgen:

  • Blockmodell
    Der Arbeitnehmer arbeitet in der ersten Phase der Altersteilzeit (Arbeitsphase) in Vollzeit und wird in der zweiten Phase der Altersteilzeit (Freistellungsphase) von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. In beiden Phasen erhält der Arbeitnehmer durchgängig das reduzierte Altersteilzeit-Gehalt zzgl. Aufstockungen.

  • Gleichverteilungsmodell
    Der Arbeitnehmer arbeitet durchgängig in Teilzeit und erhält über den gesamten Zeitraum das reduzierte Altersteilzeit-Gehalt zzgl. Aufstockungen.

Beide Modelle haben Vor- und Nachteile. Im Blockmodell endet in der Regel mit dem Ende der Arbeitsphase auch die Berufstätigkeit und man hat dadurch „Freizeit bis zum Rentenbeginn“. Im Gleichverteilungsmodell tritt durch die Reduzierung der Arbeitszeit sofort und über den gesamten Zeitraum eine Erleichterung durch „mehr Freizeit bis zum Rentenbeginn“ ein. Im Gleichverteilungsmodell entstehen darüber hinaus keine Verbindlichkeiten für zukünftige Vergütungen, da der Arbeitnehmer jeden Monat die vereinbarten Zahlungen für seine reduzierte Arbeitsleistung erhält.

Es ist zu beachten, dass beim Blockmodell der Arbeitgeber in der Arbeitsphase durch seine volle Arbeitsleistung bei reduziertem Altersteilzeitgehalt gegenüber dem Arbeitgeber in Vorleistung geht. Risiken ergeben sich durch eine eventuelle Insolvenz des Arbeitgebers, aber auch Krankheit oder Unfall des Arbeitnehmers. Zwar umfasst das Altersteilzeitgesetz Regelungen für eine Insolvenzsicherung, jedoch ist der Arbeitgeber in bestimmten Fällen nicht mehr zur Zahlung von Aufstockungs-leistungen verpflichtet. Dieses gilt für den Fall des Bezugs von Entgeltersatzleistungen wie z.B. Krankengeld, Übergangsgeld, Verletztengeld, Insolvenzgeld, Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld.

Neben dem Block- bzw. Gleichverteilungsmodell werden gelegentlich auch Mischformen praktiziert, z.B. 1/3 der Laufzeit des Altersteilzeitvertrags bei Teilzeitgrad 100%, 1/3 bei Teilzeitgrad 50% und 1/3 bei Teilzeitgrad 0% (d.h. vollständige Freistellung).

Änderungen bei Altersteilzeitregelungen seit 1996
  • Die ursprüngliche Übernahme von Aufstockungsbeträgen bei Gehalt und Rente durch die Bundesagentur für Arbeit entfällt für alle ab dem 01.01.2010 beginnenden Altersteilzeitvereinbarungen. Inzwischen sollten die Altersteilzeitverträge, für die diese Erstattungsleistungen gezahlt wurden, ausgelaufen sein.

  • Regelungen zur Altersteilzeit werden mittlerweile häufig in Tarifvereinbarungen getroffen. Die damit verbundenen individuellen Regelungen bzgl. der Voraussetzungen der Inanspruchnahme von Altersteilzeit, Laufzeiten und der Förderung der Altersteilzeit, sowie die damit einhergehenden veränderten Rechtsansprüche für eine Inanspruchnahme von Altersteilzeit haben auch Einfluss auf die versicherungsmathematische Bewertung von Altersteilzeitverpflichtungen.

Welche Arten von Altersteilzeitgutachten gibt es?

Beim Vorliegen von Vereinbarungen über Altersteilzeit werden regelmäßig benötigt:

  • Gutachten für die Steuerbilanz

  • Gutachten für die Handelsbilanz

Ist das Unternehmen börsennotiert oder in einem Konzernverbund, werden darüber hinaus meist auch Gutachten für die internationale Bilanz (IFRS, FAS,…) benötigt.

Die Bewertung von Altersteilzeit in der Steuerbilanz

Die Bildung von Rückstellungen in der Steuerbilanz für Altersteilzeitverpflichtungen hat das Bundesministerium für Finanzen mit Schreiben vom 28.03.2007 geregelt.

Für Altersteilzeitverpflichtungen im Gleichverteilungsmodell sind keine Rückstellungen in der Steuerbilanz zu bilden.

Liegt eine Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell vor, erhält der Arbeitnehmer in der ersten Phase der Altersteilzeit (Arbeitsphase) eine geringere laufende Vergütung und geht somit in Vorleistung. Für die in der Freistellungsphase weiterhin zu zahlende laufende Vergütung ist erstmals am Ende des Wirtschaftsjahres, in dem die Altersteilzeit beginnt, eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden und entsprechend der wirtschaftlichen Verursachung in der Arbeitsphase zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln.

Bemessungsgrundlage für die Rückstellungen sind die gesamten in der Freistellungsphase zu gewährenden Vergütungen inklusive der Aufstockungsbeträge. Für Abfindungsbeträge als Ausgleich für den vorzeitigen Verlust des Arbeitsplatzes ist ebenfalls eine Rückstellung zu bilden. Die Rückstellung ist bis zum Ende der Arbeitsphase zeitratierlich anzusammeln.

Die Berechnung für die Steuerbilanz erfolgt unter Berücksichtigung biometrischer Aspekte wie Wahrscheinlichkeit des Ausscheidens durch Tod oder Invalidität, wobei der Ausscheidegrund Invalidität in der Freistellungsphase nicht mehr zu berücksichtigen ist.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 1 und § 52 Abs. 16 Satz 2 EStG sind in nach dem 31.12.1998 endenden Wirtschaftsjahren Rückstellungen mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Ausgenommen sind Rückstellungen für Verbindlichkeiten, deren Laufzeiten am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate betragen.

Aus Vereinfachungsgründen kann die steuerliche Bewertung der Altersteilzeitverpflichtungen auch anhand eines Pauschalwertverfahrens erfolgen. Hierzu stellt das BMF eine Tabelle mit Barwertfaktoren in Bezug auf „Dauer bis Fälligkeit“ gegenüber der „Dauer des Altersteilzeitverhältnisses“ (jeweils in Jahren) zur Verfügung. Das gewählte Verfahren ist dann für vier Wirtschaftsjahre bindend.

Die Bewertung von Altersteilzeit in der Handelsbilanz

Die Bildung von Rückstellungen in der Handelsbilanz wird in der IDW Stellungnahme zur handelsrechtlichen Bilanzierung von Verpflichtungen aus Altersteilzeitregelungen (IDW RS HFA 3) vom 19.06.2013 geregelt.

Grundsätzlich sind Rückstellungen für rückständiges Arbeitsentgelt, Aufstockungsbeträge und Abfindungen zu bilden.

Liegt eine Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell vor, erbringt der Arbeitnehmer in der ersten Phase der Altersteilzeit (Arbeitsphase) die volle Arbeitsleistung, während er in dieser Zeit nur entsprechend der Altersteilzeitvereinbarung entlohnt wird. Für den Erfüllungsrückstand aus nicht entlohnten Anteilen der Arbeitsleistung ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB zu bilden.

Bei einer Altersteilzeitvereinbarung im Gleichverteilungsmodell entsteht kein Erfüllungsrückstand aus nicht entlohnten Anteilen der Arbeitsleistung.

Für die Verpflichtung zur Zahlung von Aufstockungsbeträgen sind ebenfalls Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB zu bilden. Für die Höhe der Rückstellung ist die Klassifizierung der Aufstockungsbeträge nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt maßgeblich:

Soll eine langjährige Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter belohnt werden oder hängt das Entstehen der Ansprüche der Arbeitnehmer von der Erfüllung bestimmter tätigkeitsbezogener Kriterien ab, wie bspw. dem künftigen Arbeiten in Wechselschichten oder unter besonders starken Umwelteinflüssen, sind die Aufstockungsbeträge als Bestandteil der Leistungs- und Entgeltpflichten aus dem Arbeitsverhältnis anzusehen und haben somit Entgeltcharakter.

Dienen die Aufstockungsbeträge hingegen primär dazu, den gleitenden Übergang älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand zu fördern, stellen die Aufstockungsbeträge eine eigenständige Abfindungsverpflichtung des Arbeitgebers dar und haben somit Abfindungscharakter.

Haben die Aufstockungsbeträge Entlohnungscharakter, ist eine Rückstellung über den Zeitraum anzusammeln, in dem vereinbarungsgemäß die zusätzliche Entlohnung in Form der Aufstockungsbeträge vom Arbeitnehmer erdient wird. Besteht keine ausdrückliche Vereinbarung über den Zeitraum, in dem die zusätzliche Entlohnung in Form der Aufstockungsbeträge erdient wird, kann davon ausgegangen werden, dass dieser Zeitraum mit der rechtlichen Entstehung der Verpflichtung beginnt und mit dem Ende der Arbeitsphase endet.

Haben die Aufstockungsbeträge Abfindungscharakter, ist der Barwert der künftigen Verpflichtungen im Zeitpunkt der Entstehung in voller Höhe zu passivieren.

Abfindungen am Ende der Altersteilzeit sind ebenfalls im Zeitpunkt der Entstehung mit dem Barwert in voller Höhe zu passivieren.

Wird einem Personenkreis bspw. durch einen Tarifvertrag die unentziehbare Möglichkeit zum Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung eingeräumt, ist nach den gleichen Grundsätzen der Verpflichtungsumfang zu ermitteln und mit der Wahrscheinlichkeit der künftigen Inanspruchnahme zu gewichten.

Gemäß § 253 Abs. 2 S. 1 HGB sind Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einen Jahr mit einem ihrer individuellen Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzins der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen. Aus Vereinfachungsgründen kann jedoch von einer pauschalen Restlaufzeit von 15 Jahren ausgegangen werden (vgl. § 253 Abs.2 S. 2 HGB).

Welche Daten werden für ein Altersteilzeitgutachten benötigt?

Altersteilzeitrückstellungen sind auf Einzelpersonen-Ebene zu berechnen. Hierfür sind grundsätzlich für jede zu bewertende Person die folgenden Daten erforderlich:

  • Eindeutiges Identifizierungsmerkmal (Name oder Personalnummer)

  • Geburtsdatum

  • Geschlecht

  • Datum Unterschrift der Altersteilzeitvereinbarung

  • Beginn der Altersteilzeit

  • Ende der Arbeitsphase

  • Ende der Altersteilzeit

  • Fiktives sozialversicherungspflichtiges Jahreseinkommen (Vollzeit)

  • Aufstockung zum Gehalt (Jahr)

  • Aufstockung zur gesetzlichen Rentenversicherung (Jahr)

  • Höhe der Abfindung am Ende der Altersteilzeit (falls zugesagt)

Die Altersteilzeitvereinbarungen einschließlich eventuell zugrunde liegender Tarifverträge sind dem Gutachter in Kopie zur Verfügung zu stellen.

 

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