Was Sie (vielleicht) schon immer über die bAV wissen wollten – boLZen hat nicht nur mit Fußball zu tun: Die Zusagearten der bAV
- Im deutschen Betriebsrentenrecht sind verschiedene Zusagearten definiert
- Die Zusageart hat u.a. Einfluss auf den Haftungsumfang des Arbeitgebers
- Aus Arbeitnehmersicht beeinflusst die Zusageart u.a. die Möglichkeit der Teilhabe an den Chancen einer renditeorientierten Kapitalanlage
Laut Duden handelt es ich bei dem Verb „bolzen“ um „planlos, ohne System Fußball spielen“. Und bei dem Substantiv „Bolzen“ haben wir es u.a. mit einem „dicken Metall- oder Holzstift, besonders zum Verbinden von Metall- oder Holzteilen“ zu tun.
Weil dieser Beitrag aber weder auf der Website eines (Amateur-) Fußballvereins noch auf jener eines Betriebes der Metall- oder Holzindustrie, sondern auf der Seite der HDI Pensionsmanagement zu finden ist, könnte es eine weitere Bedeutung der oben erwähnten boLZen geben, die so mysteriös ist, dass sie selbst der Duden-Redaktion bis heute nicht bekannt zu sein scheint.
Um die Spannung für den Leser an dieser Stelle nicht ins Unerträgliche zu steigern hier die Auflösung: bei boLZen handelt es sich um den Plural des Akronyms boLZ, das wiederrum für „beitragsorientierte Leistungszusage“ steht – womit wir beim eigentlichen Thema dieses Beitrags angelangt wären. Eine beitragsorientierte Leistungszusage, oder eben kurz „boLZ“, ist eine Zusageart in der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Und schon schließt sich der Kreis und dieser Beitrag passt auf die Website eines Unternehmens, das sich mit der bAV befasst.
Und die Welt der bAV wäre eine triste, wenn die beitragsorientierte Leistungszusage allein wäre. Sie hat drei (oder vier?) Geschwister, denen die Praxis ebenfalls Abkürzungen spendiert hat, um Texte wie diesen kürzer fassen zu können. Neben der beitragsorientierten Leistungszusage gibt es die etwas jüngere Beitragszusage mit Mindestleitung (BZML), die reine Beitragszusage (BZ), welches die Jüngste im Bunde ist, und als ältestes der Geschwister die Leistungszusage (LZ). Ach ja, und dann ist da noch die Umfassungszusage, die so selten in Erscheinung tritt, dass man ihr soweit ersichtlich noch keine Abkürzung spendiert hat, was wir an dieser Stelle aber nachholen. Wir taufen sie hiermit auf UZ.
Die Geschwister sind keine eineiigen Zwillinge, sondern unterscheiden sich recht deutlich. Um dem geneigten Leser einen Eindruck zu vermitteln, worin sie sich unterscheiden, werden sie im Folgenden vorgestellt, wobei sich die Vorstellung an den Definitionen des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) orientiert und damit leider ziemlich trocken und unpersönlich ausfällt. Wie es sich gehört, beginnen wir mit der Ältesten, der Leistungszusage, die sozusagen den Archetyp der Zusagearten darstellt.
Die Leistungszusage (LZ)
Bei der LZ verspricht der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung (betriebliche Altersversorgung, bAV), wobei die zugesagte Versorgungsleistung klar im Vordergrund steht. Wie der Arbeitgeber diese Leistung finanziert und welchen Aufwand er für diese Zusage betreiben muss, spielt bei der LZ keine Rolle. Das Spektrum der möglichen Leistungsplangestaltung kann dabei sehr breit sein. So können Festbeträge zugesagt werden, z.B. 100 EUR lebenslange Monatsrente ab Vollendung des 67. Lebensjahres oder 10 EUR lebenslange Monatsrente ab Vollendung des 67. Lebensjahres pro geleistetem Dienstjahr. Auch gehaltsabhängige Zusagen, die somit dynamisch sind, z.B. 0,5 % Monatsrente je geleistetem Dienstjahr vom letzten Bruttoeinkommen vor Eintritt des Versorgungsfalles, sind üblich.
In der Vergangenheit waren auch sogenannte Gesamtversorgungszusagen verbreitet. Diese sahen vor, dass der Arbeitgeber eine Leistung in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des letzten Bruttoeinkommens vor Eintritt des Versorgungsfalles, (z.B. 70 %) zahlt, wobei die individuellen Ansprüche des Rentners aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) angerechnet werden. Diese Leistungsplangestaltung hat sich für viele Arbeitgeber aber als sehr kostenintensiv und kaum kalkulierbar erwiesen, weil sie das gesunkene Rentenniveau der GRV ausgleichen mussten. Daher werden Gesamtversorgungszusagen heute nur noch sehr selten erteilt. Und auch darüber hinaus werden LZn heute eher selten neu erteilt. Für Unternehmen ist eine verlässliche Kalkulierbarkeit des Aufwands für die bAV von großer Bedeutung, was bei der LZ schwierig ist. Hier kommen nun die Geschwister der LZ ins Spiel.
Die beitragsorientierte Leistungszusage (boLZ)
Bei der boLZ handelt es sich ebenfalls um eine LZ, jedoch ist der Weg zur Festlegung der Leistung ein anderer. Bei der boLZ steht ein Beitrag im Vordergrund, den ein Arbeitgeber aufzuwenden bereit ist, um die Leistungen der bAV zu finanzieren. Dabei wird der Beitrag versicherungsmathematisch in eine Versorgungsleistung umgerechnet und diese Leistung sodann dem Versorgungsberechtigten zugesagt. Quasi der Prototyp der boLZ ist die Direktversicherung, bei der der Arbeitgeber definierte Beiträge an einen Lebensversicherer zahlt, der diese Beiträge entsprechend des gewählten Tarifes in Versicherungsleistungen umrechnet, die dann wiederrum Gegenstand des Versorgungsversprechens des Arbeitgebers sind.
Diese Umrechnung eines Beitragsaufwands in Versorgungsleistungen kann auch unternehmensintern mittels entsprechender versicherungsmathematischer Transformationstabellen erfolgen. Dabei werden unter Anwendung alters- und ggf. geschlechtsabhängiger Umrechnungsfaktoren sowie Ansatz eines Kalkulationszinses aus dem Versorgungsaufwand Renten- oder Kapitalbausteine für die Versorgung bestimmt.
Die Höhe des Versorgungsaufwands kann sich z.B. an einem Prozentsatz des Einkommens des Arbeitnehmers orientieren (z.B. 1 % des Jahresbruttoeinkommens bis zur Beitragsbemessungsgrenze [BBG] und 5 % für Einkommensteile oberhalb der BBG) oder auch feste EUR-Beträge vorsehen, z.B. 100 EUR monatlich. Bei der bAV durch Entgeltumwandlung ist die letzte Variante die vorherrschende.
Durch dieses Vorgehen wird der Aufwand des Arbeitgebers für die bAV bei der boLZ besser kalkulierbar, als es bei der LZ der Fall ist. Aber auch hier gilt wie bei der LZ: Versprochen ist versprochen! Das bedeutet, dass der Arbeitgeber auch bei der boLZ für die zugesagte Leistung einzustehen hat, denn diese ist dem Arbeitnehmer zugesagt worden. Hat sich der Arbeitgeber z.B. zur Transformation des Aufwands in Versorgungsleistungen Umrechungsfaktoren bedient, die eine zu geringe Lebenserwartung unterstellen, so ist dies sein Risiko. Er hat die zugesagte (dann eigentlich zu hohe) Leistung zu erbringen.
Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML)
Die BZML fand 2002 mit der “Riester-Reform“ im Zuge des Altersvermögensgesetzes Eingang in das Betriebsrentengesetz. Die BZML ist nur in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds möglich. Bei der BZML werden Beiträge für einen der genannten Durchführungswege aufgewendet und daraus während der Anwartschaftsphase zugunsten des Arbeitnehmers ein Versorgungskapital aufgebaut. Auch die Erträge aus der Anlage der Beiträge sind dem Versorgungskapital hinzuzurechnen. Aus dem Versorgungskapital werden bei Eintritt des Leistungsfalles die Versorgungsleistungen erbracht.
Da die Anlage der Beiträge regelmäßig am Kapitalmarkt erfolgt und dieser bekanntlich auch mal schlecht performen kann, kommt der Versorgungsberechtigte nicht nur in den Genuss der Chancen der Kapitalanlage, sondern trägt auch das Anlagerisiko. Aus sozialpolitischen Gründen hat der Gesetzgeber den Versorgungsberechtigen jedoch nicht völlig schutzlos der manchmal stürmischen See des Kapitalmarktes ausgesetzt. Das Anlagerisiko wird für den Arbeitnehmer dadurch begrenzt, indem er Anspruch auf eine Mindestleistung hat. Dabei handelt es sich um die Summe der Beiträge, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zugesagt hat. Von dieser Beitragssumme können Risikoprämien abgezogen werden, die zur Absicherung vorzeitiger Versorgungsfälle (Tod, Invalidität) verbraucht worden sind.
Üblicherweise gewährleistet der Versorgungsträger, also die Pensionskasse, der Pensionsfonds oder bei der Direktversicherung der Lebensversicherer diese sogenannte „Bruttobeitragsgarantie“. Um diese Garantie aussprechen zu können, müssen bei der BZML heute jedoch große Teile des Beitrags in sichere Anlageformen investiert werden. Aufgrund der seit Jahren extrem niedrigen, ja sogar negativen Zinsen für diese sicheren Anlagen fällt es zunehmend schwer, die Bruttobeitragsgarantie stellen zu können.
Aus Sicht des Versorgungsberechtigten sind neue BZML zunehmend unattraktiv geworden, weil faktisch der gesamte Beitrag in sichere und damit nur minimal rentierende Anlagen fließen muss, so dass der Vertrag zwar die Summe der eingezahlten Beiträge zum Rentenbeginn gewährleisten kann, aber nichts darüber hinaus.
Ohne eine gesetzliche Reform der BZML (Absenkung des Garantieerfordernisses) wird sie für künftige Neuzusagen der bAV wohl keine Rolle mehr spielen können.
Reine Beitragszusage (BZ)
Die BZ ist die jüngste Zusageart in diesem Quartett und wurde erst mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) im Jahre 2018 in das deutsche Betriebsrentenrecht eingeführt und ist wie die BZML nur in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds möglich.
Wie anhand der Beschreibung der anderen Zusagearten deutlich wurde, trifft den Arbeitgeber eine mehr oder weniger große Haftung aus der erteilten Zusage. Mit der BZ sollte dies anders werden. Mit ihr sollte zum einen dem Wunsch von Arbeitgebern entsprochen werden, mit der Zahlung des Versorgungsbeitrags sämtliche Verpflichtungen aus der bAV abgegolten zu haben („pay and forget“). Zum anderen sollte durch den Verzicht auf jegliche (Mindest-) Garantien die Möglichkeit geschaffen werden, die Beiträge möglichst chancenorientiert am Kapitalmarkt anlegen zu können.
Beides wurde erreicht, denn bei der BZ haftet der Arbeitgeber tatsächlich nur für die rechtzeitige und vereinbarungsgemäße Abführung des Versorgungsbeitrags an den externen Versorgungsträger. Und weil dieser aufgrund gesetzlicher Vorgaben keinerlei Garantien zusagen darf, kann er die Beiträge chancenorientiert anlegen und dem Arbeitnehmer so die Möglichkeit auf höhere Renditen und damit Versorgungsleistungen eröffnen. Insgesamt kann der Versorgungsträger im Rahmen der Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht realitätsnähere, also weniger vorsichtige, Rechnungsgrundlagen für die Kalkulation der möglichen Versorgungsleistungen ansetzen.
Weil die Versorgungsleistungen nicht garantiert sind können diese schwanken, also auch sinken. Um dies möglichst zu vermeiden haben die Anbieter in ihren Produktmodellen Ausgleichs- und Puffermechanismen angelegt.
Mit der BZ hat der deutsche Gesetzgeber völliges Neuland in der bAV betreten. Er war sich über die Chancen, aber auch über die Risiken dieser neuen Form der bAV im Klaren. Um dafür Sorge zu tragen, dass die Interessen der Arbeitnehmer bei der BZ in hohem Maße gewahrt werden ist gesetzlich festgelegt worden, dass eine BZ nur auf der Grundlage eines Tarifvertrages erteilt werden darf.
Die Tarifvertragsparteien – also Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände bzw. Arbeitgeber – haben die wesentlichen Punkte zur Beitragszusage in einem Tarifvertrag zu regeln und müssen sich an der Einrichtung sowie der Durchführung und Steuerung der Beitragszusage beteiligen. Hierfür sehen die Versorgungsträger z.B. Beiräte und Ausschüsse vor, in die die Tarifvertragspartner Vertreter entsenden.
Die Vereinbarung eines Tarifvertrages zu einer reinen BZ und die Umsetzung des Tarifvertrages mit einem Versorgungsträger wird auch als „Sozialpartnermodell“ für die entsprechende Branche oder das betreffende Unternehmen (Haustarifvertrag) bezeichnet.
Die Umfassungszusage (UZ)
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle nur kurz eine weitere Zusageart erwähnt, die vom Betriebsrentenrecht quasi als fünftes Kind adoptiert worden ist. Es handelt sich dabei um die Umfassungszusage, die im Zusammenhang mit der 2002 eingeführten Riester-Förderung in der bAV geschaffen worden ist. Hier stellt sich die Frage, ob private Eigenbeiträge des Arbeitnehmers an einen Versorgungsträger der bAV (Pensionskasse) aus seinem versteuerten und verbeitragten (Netto-) Einkommen als nach § 82 Abs. 2 EStG förderfähige Beiträge der bAV zu betrachten sind.
Wenn der Arbeitgeber eine Zusage erteilt, die auch solche Eigenbeiträge des Arbeitnehmers umfasst, dann handelt es sich um betriebliche Altersversorgung und die Regelungen des BetrAVG zur Entgeltumwandlung gelten für diese Versorgung dann entsprechend. Solche Beiträge wären dann auch förderfähig (nach der genannten EStG-Vorschrift).
Umfasst die Zusage des Arbeitgebers die Beiträge hingegen nicht, so handelt es sich nicht um bAV und eine steuerliche Förderung der Beiträge an die Pensionskasse nach § 82 Abs. 2 EStG scheidet somit aus.
Neben den definitorischen Unterschieden der Zusagearten gibt es auch Zusammenhänge mit anderen Regelungsinhalten des BetrAVG, die je Zusageart variieren. Wie bereits erwähnt, ist z.B. nicht jede Zusageart auch in jedem Durchführungsweg möglich. Auch bei der Höhe unverfallbarer Anwartschaften oder der Anpassungsprüfungspflicht gibt es Unterschiede. Diese Aspekte sollten ebenfalls beachtet werden, wenn sich für eine Zusageart entschieden wird.
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