Marco Westermann - 30 Jun 2015

BAG-Urteil zum Vertrauensschutz auf eine PSV-Insolvenzsicherung

BAG-Urteil vom 11.11.2014, 3 AZR 404/ 13

Eine unzutreffende Bestätigung des Insolvenzschutzes durch den PSV begründet grundsätzlich keinen Vertrauensschutz.

Für den Insolvenzschutz durch den PSV ist allein die materiell-rechtliche Einordnung als bAV im Sinne des BetrAVG entscheidend.

Zu Unrecht geleistete PSV-Beiträge begründen keinen Insolvenzschutz.


Sachverhalt (vereinfacht dargestellt)

Der Kläger gründete gemeinsam mit zwei weiteren Personen 1973 eine Fliesenleger GmbH. Zunächst wurden für den Kläger, die weiteren Gesellschafter und drei weitere Mitarbeiter Direktversicherungen abgeschlossen. Die drei Gesellschafter erhielten 1979 darüber hinaus je eine Direktzusage, deren Höhe sich ausweislich einer Aktennotiz an der Höhe ihrer Gesellschaftsanteile orientierte. Dem Kläger wurden zunächst 900 DM monatliche Altersrente zugesagt. Dieser Betrag wurde im Laufe der Jahre sukzessive erhöht. Im Jahr 1995 teilte der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) der GmbH Folgendes in einem Schreiben mit: „Aufgrund Ihrer Angaben halten wir die Herrn CH (Kläger) erteilte Versorgungszusage in vollem Umfang für insolvenzsicherungsfähig und verweisen hierzu auf die Ziffern 2.5 und 1.4 des beiliegenden Merkblatts 300/M 1 sowie die umseitigen Anmerkungen.“ Zuletzt wurde die Altersrente des Klägers auf 7.000 DM (3.579,04 EUR) erhöht. Von 2002 bis 2010 bezog der Kläger eine Altersrente in Höhe von 3.936,95 EUR. Nachdem 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet worden war, verlangte der Kläger die Fortzahlung der Altersrente durch den PSV. Der PSV verweigerte diese.

Entscheidung

Die Klage war in allen Instanzen erfolglos. Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 11.11.2014, 3 AZR 404/ 13) stellte zunächst fest, dass es sich bei der Zusage nicht um eine durch den PSV geschützte betriebliche Altersversorgung (bAV) im Sinne des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) handele. Die Zusage sei dem Kläger nämlich nicht „aus Anlass“ eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses, sondern wegen seiner Stellung als Gesellschafter erteilt worden. Diese Beurteilung folgerte das BAG zunächst daraus, dass nur die drei Gesellschafter eine Direktzusage erhalten hätten, die sich ausweislich der Aktennotiz an der Höhe ihrer Geesellschaftsanteile orientierte. Daneben untersuchte das BAG auch, ob die zugesagte Versorgung nach Art und Höhe wirtschaftlich vernünftig bzw. üblich ist. Da eine Direktzusage von zuletzt 7.000 DM monatlicher Altersrente für einen fremdbeschäftigten Fliesenleger in einem Kleinunternehmen absolut unüblich sei, kam das BAG zu dem Schluss, dass es sich in Wahrheit um Unternehmerlohn handelt, für den kein Insolvenzschutz besteht.

Auch die Bestätigung des PSV über den Insolvenzschutz aus dem Jahr 1995 und die durchgängige Zahlung von PSV-Beiträgen ändere an dieser Beurteilung nichts. Weder die Beitragsfestsetzung noch die Zahlung von Beiträgen führen zu einem Anspruch gegenüber dem PSV, da allein entscheidend sei, ob die Voraussetzungen des Insolvenzschutzes nach § 7 BetrAVG vorliegen. Das BAG erklärte zudem, dass dem Kläger auch kein Vertrauensschutz unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens des PSV zukomme. Nur bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten komme dies in Betracht. Nicht jedes widersprüchliche Verhalten sei aber als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Der Urheber des widersprüchlichen Verhaltens müsse erkennen können, dass die Gegenpartei sein Verhalten als vertrauensbegründend werten durfte. Dass der PSV keine Leistung erbringe, obwohl er Beiträge vereinnahmt hat, begründe keine Rechtsmissbräuchlichkeit, da die Zahlungen gegebenenfalls im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zurückverlangt werden können.

Praxishinweis

Grundsätzlich ist dem BAG darin zuzustimmen, dass es für den Insolvenzschutz nur auf die materielle Einordnung als bAV ankommen kann. Die Ausführungen des BAG hinsichtlich des Vertrauensschutzes sind jedoch sehr problematisch. Das BAG erteilt dem PSV bezüglich fehlerhafter Informationen, die für die Unternehmen bzw. deren Versorgungsberechtigten von erheblicher Bedeutung sind, quasi einen „Freifahrtschein“, da eine Fehlinformation durch den PSV und auch die darauf beruhende Zahlung von PSV-Beiträgen nach dem BAG wohl nur in Ausnahmefällen einen Vertrauensschutz begründet. Ein Versorgungsberechtigter muss daher in Zweifelsfällen – die nicht nur bei Geschäftsführerversorgungen auftreten können – hoffen, dass sein Arbeitgeber ihm über den PSV hinaus noch eine Insolvenzsicherung (z. B. Verpfändung) anbietet. Andernfalls besteht das Risiko, trotz gezahlter PSV-Beiträge im Insolvenzfall keine bAV zu erhalten.

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