Marco Westermann - 8 Mai 2015

BAG-Urteil zur Fälligkeit einer Witwenversorgung

BAG-Urteil vom 30.09.2014

Witwenrente darf nicht pauschal davon abhängen, dass der Versorgungsempfänger den Familienhaushalt „überwiegend bestritten“ hat.

Eine solche Regelung verstößt gegen das Transparenzgebot.

Voraussetzungen der „Haupternährereigenschaft“ müssen sich aus der Versorgungszusage ergeben.


Sachverhalt

Der Kläger war von 1965 bis 2005 bei einem Unternehmen beschäftigt, das ihm 2003 eine einzelvertragliche Pensionszusage erteilte. Dem Kläger wurde eine betriebliche Altersrente und seiner Ehefrau Witwenrente zugesagt. Voraussetzung für den Erhalt der Witwenrente ist nach § 6 der Pensionszusage, dass der Kläger den Unterhalt der Familie „überwiegend bestritten” hat. Der Kläger bezog ab Oktober 2005 betriebliche Altersrente, die seit der Insolvenz des Unternehmens im Jahr 2009 der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) zahlt. 2010 teilte dieser dem Kläger mit, dass seine Frau keine Witwenrente erhalten werde, da ihre Altersbezüge höher seien als die des Arbeitnehmers. Der Kläger klagte auf Feststellung, dass der PSV im Falle seines Todes Witwenrente schuldet, denn er habe während des Erwerbslebens mehr Einkommen erzielt als seine Frau. Auf die höheren Altersbezüge seiner Frau komme es nicht an. Das BAG gab der Klage statt (BAG – 3 AZR 930/12).


Entscheidung

Das BAG erklärte, dass es auf die Art und die Höhe der Einkünfte des Klägers und seiner Frau während des Erwerbslebens und in der Zeit danach nicht ankomme. Die Pensionszusage enthalte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Da die darin enthaltene „Haupternährerklausel” intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sei, sei sie unwirksam. Nach Ansicht des BAG ist die Regelung zu unbestimmt, da es an genauen Voraussetzungen für ein überwiegendes Bestreiten des Familienunterhalts fehle. Die Regelung sei auch nicht hinreichend bestimmbar. Sie sei nicht dahin auszulegen, dass mit ihr an ein sozialversicherungsrechtliches Begriffsverständnis, insbesondere an Regelungen des Angestelltenversicherungsgesetzes oder der Reichsversicherungsordnung, angeknüpft werden soll. Zum einen sei die Bezeichnung „Haupternährer” kein Rechtsbegriff, dem eine spezielle sozialversicherungsrechtliche Bedeutung beizumessen wäre. Zum anderen waren sowohl das AVG a.F. als auch die RVO a.F., in denen dieser Begriff verwandt wurde, im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage im Jahr 2003 seit vielen Jahren bereits außer Kraft getreten. Da die übrigen Bestimmungen in § 6 zur Witwenrente ohne die „Haupternährerklausel” verständlich seien, führe der Wegfall der unwirksamen Bestimmung nicht zum Wegfall der gesamten Witwenrentenregelungen. Da § 6 der Zusage insoweit teilbar sei, behalte der Rest der Regelung seine Gültigkeit.


Praxishinweis

Arbeitgeber, die in ihren Pensionszusagen für die Hinterbliebenenversorgung eine Haupternährerklausel wie die vorliegende verwendet haben, müssen damit rechnen, dass die Klausel unwirksam ist. In diesem Fall kann die Inanspruchnahme wegen Hinterbliebenenrente nicht abgewehrt werden. Sofern die Leistung einer Hinterbliebenenrente davon abhängig gemacht werden soll, dass der eigene Mitarbeiter der „Haupternährer” war und dessen Ehepartner daher versorgungsbedürftig ist, muss die Versorgungszusage klar erkennen lassen, unter welchen Voraussetzungen der Mitarbeiter den Unterhalt „überwiegend bestritten“ hat.

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