Marco Westermann - 8 Sep 2014

BFH-Urteil: Restriktive Rechtsprechung zur Erdienbarkeit einer GGF-Pensionszusage

BFH-Urteil vom 25.06.2014 -I R 76/13-

Scheidet der beherrschende GGF vor Ablauf der Erdienbarkeitsfrist aus, gilt der Versorgungsvertrag als nicht durchgeführt

Zuführungen zur Rückstellung stellen verdeckte Gewinnausschüttungen dar

 

Sachverhalt

Die Klägerin (GmbH) hat mit Vertrag vom 01.01.2001 ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) mit sofortiger Wirkung eine Pensionszusage erteilt, wonach ihm mit Vollendung des 68. Lebensjahres eine monatliche Altersrente von 1.500 Euro zustehen sollte. Zu diesem Zeitpunkt war der GGF 58 Jahre alt. Mit Aufhebungsvertrag vom 25.08.2006 wurde das Anstellungsverhältnis des GGF zum 01.09.2006 beendet. Danach war er der Klägerin zufolge weiterhin als geringfügig Beschäftigter für die GmbH tätig.

Streitig war, ob die für den Versorgungsanspruch des beherrschenden GGF aus der Gesellschaft gebildeten Pensionsrückstellungen und die weiteren Zuführungen zu den Rückstellungen in vollem Umfang verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen, wenn der GGF vor Ablauf der Erdienenszeit aus dem Unternehmen ausscheidet. Die für die Pensionszusage gebildete Pensionsrückstellung erkannte das FA nicht an. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz weitgehend Erfolg. Der BFH dagegen hob das Urteil auf und wies die Klage größtenteils ab.

Entscheidungsgründe

  • Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats kann eine dem beherrschenden GGF einer GmbH erteilte Pensionszusage u.a. nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mindestens zehn Jahre liegen (u.a. Urteil v. 23.09.2008 - I R 62/07).

  • Diese Voraussetzung ist im Streitfall durch das vorzeitige Ausscheiden nicht erfüllt. Infolge des Ausscheidens des GGF aus dem Unternehmen am 01.09.2006 wurde die getroffene Zusagevereinbarung vom 01.01.2001 tatsächlich nicht (mehr) durchgeführt, wie es bei einem beherrschenden Gesellschafter nötig gewesen wäre.

  • Hieraus ergibt sich im Allgemeinen die mangelnde Ernsthaftigkeit der Verabredung. Allerdings könnte im Streitfall die zwischen der GmbH und dem GGF im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vorbehaltene Möglichkeit, den GGF-Anstellungsvertrag zum Ende des Monats, in dem der GGF das 65. Lebensjahr vollendet, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, durchaus auch bereits zu Zweifeln an der Ernsthaftigkeit der auf das 68. Lebensjahr projizierten Erdienenszeit berechtigen.

 

Rechtsfolgen im Urteilsfall

Die Rückstellung in der Steuerbilanz sind — entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung — aufgrund vertraglicher Verpflichtung dem Grunde nach zu bilden. Auch kann die Rückstellung im Jahr 2006 nicht in voller Höhe als verdeckte Gewinnausschüttung umqualifiziert werden. Hintergrund ist, dass die für eine vGA notwendige Vermögensminderung bei der Gesellschaft im Jahr 2006 nur in Höhe der Zuführung vorliegt.

Das bedeutet: Mangels Zugriffsmöglichkeit auf Jahre vor 2006 bleibt zunächst die steuerliche Rückstellungsbildung bis zum 31.12.2005 ohne Folgen einer verdeckten Gewinnausschüttung. Hingegen stellen die Zuführungen für die Jahre 2006 bis 2010 im Rahmen der noch offenen Veranlagung vollumfänglich eine verdeckte Gewinnausschüttung dar und sind außerbilanziell zu kürzen.

Die entsprechenden Zuführungen zur Rückstellung bis zum Jahr 2005 können nach Ansicht des BFH erst im Zeitpunkt ihrer Auszahlung (ab dem Jahr 2011) an den Versorgungsempfänger als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt werden.

 

Folgen für die bAV Beratung

Im Beratungsprotokoll sollte bei Neu- oder Erhöhungszusagen einer Pension an über 55-Jährige auf diese Problematik hingewiesen und dies entsprechend dokumentiert werden. In jedem Fall sollte das planmäßige Endalter im Anstellungsvertrag mindestens auf den Ablauf der Erdienbarkeitsfrist datieren und keine umgehenden Sonderkündigungsrechte enthalten. Ein vorzeitiges Ausscheiden im Erdienenszeitraum gefährdet die steuerliche Anerkennung der Zusage. Auch das Weiterführen des Arbeitsverhältnisses über einen Beratervertrag oder im Rahmen eines geringfügigen Arbeitsverhältnisses reicht zur Erfüllung der Erdienbarkeit nicht, da nach Ansicht des BFH die Zusage für seine im Zusagezeitpunkt ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsführer erteilt worden ist.

Andere Beurteilungsszenarien nur in engen Grenzen und bei kurzfristiger Unterbrechung des Erdienbarkeitszeitraums möglich.

Anders wäre die Situation nur dann zu beurteilen, wenn für die verkürzte Laufzeit plausible betriebliche Gründe des Einzelfalls erkennbar oder vorgebracht worden wären (vgl. z.B. Senatsurteil v. 30.01.2002 - I R 56/ 01). In diesem Fall wurde die Anstellung des GGF im Erdienbarkeitszeitraum über eine Länge von rund 1 1/2 Jahren unterbrochen. Diese Unterbrechung ist weder Grund, an der ausschließlichen Veranlassung der Zusagen durch das Dienstverhältnis zu zweifeln, noch Anlass für die Annahme, dass diese Lohn für die von ihm erbrachten und noch zu erbringenden Dienste sein sollen. Dass auch die Zusagebeteiligten von einer Aufrechterhaltung der erreichten Versorgungsanwartschaft ausgegangen sind, zeigt sich nicht zuletzt an der zwar für die besagten 1 1/2 Jahre beitragsfrei gestellten, aber gleichwohl als solche — ungeachtet der fehlenden Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft — fortbestehenden und ungekündigten Rückdeckungsversicherung. In diesem Fall gab es kein Aufhebungsvertrag des Dienstverhältnisses.

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