Lutz Biederbeck - 12 Sep 2017

Abfindbarkeit von Pensionszusagen an Organe

Verstößt eine Kapitalzahlung als Abfindung gegen § 3 BetrAVG?

Sachverhalt:

Der Kläger war Geschäftsführer und minderbeteiligter Mitgesellschafter bei der beklagten GmbH. In der Versorgungszusage wurde vereinbart, dass die Beklagte berechtigt sei, nach Eintritt der Versorgungsfalls Versorgungsansprüche durch Kapitalzahlung abzufinden.

 

Des Weiteren wurde vereinbart, dass das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) mit Ausnahme des Abfindungsverbots nach § 3 BetrAVG Anwendung findet, soweit die Versorgungszusage nicht ausdrücklich günstigere Regelungen für den Versorgungsberechtigten enthält. Nach Eintritt des Versorgungsfalls erhielt der Kläger zunächst eine monatliche Rente. Nach Beschluss der Gesellschafterversammlung sollte die monatliche Rentenzahlung in eine Kapitalabfindung umgewandelt werden. 
Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger Anfechtungsklage mit der Begründung, dass eine Kapitalzahlung als Abfindung gegen § 3 BetrAVG verstoße. Das Landgericht Kiel gab der Klage statt. Die Beklagte legte daraufhin Berufung ein. Das Oberlandesgericht Schleswig hob das Urteil des Landgerichts auf und wies die Klage ab. Die Revision des Klägers blieb ohne Erfolg.

Entscheidung:

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 23.05.2017 (II ZR 6/16) entschieden, dass der Beschluss, die Versorgung des Klägers zu kapitalisieren, nicht gegen § 3 BetrAVG verstoße. Der BGH ließ dahinstehen, ob das Abfindungsverbot überhaupt eingreift, wenn bereits in der Versorgungszusage eine Kapitalisierungsoption vereinbart wurde. Denn in der Versorgungszusage vereinbarten die Parteien gerade, dass das Abfindungsverbot nicht anwendbar sein soll. 
Der BGH stützt seine Entscheidung darauf, dass gemäß § 17 Abs. 3 S. 1 BetrAVG von den Vorschriften des BetrAVG auch zum Nachteil von Organen einer Kapitalgesellschaft abgewichen werden kann, soweit auch den Tarifvertragsparteien Abweichungen erlaubt sind. 
Grundsätzlich könne gemäß § 17 Abs. 3 S. 1, 3 BetrAVG zwar nicht zuungunsten von Arbeitnehmern vom Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG abgewichen werden. Dies gelte grundsätzlich auch für den Kläger als Geschäftsführer und Organmitglied, da er laut § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG eine Arbeitnehmern gleichgestellte Person sei. Im Gegensatz zu Arbeitnehmern bestehe bei Organmitgliedern, wie bei Tarifvertragsparteien, aber eine gewisse Verhandlungsmacht und gerade keine Verhandlungsunterlegenheit. Dementsprechend sei das Betriebsrentenrecht auch für Organmitglieder insoweit (zu deren Nachteil) abdingbar, als auch den Tarifvertragsparteien Abweichungen erlaubt seien. Folglich dürfe die monatliche Rentenzahlung in eine Kapitalzahlung umgewandelt werden.


Hinweis:

Der Bundesgerichtshof schließt sich damit der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts an. Dieses hatte bereits 2009 bezüglich des Anspruchs auf Anpassung der Betriebsrente gemäß § 16 BetrAVG entschieden, dass bei Organmitgliedern und Tarifvertragsparteien, anders als bei Arbeitnehmern, bei der Aushandlung von Betriebsrentenregelungen keine Verhandlungsunterlegenheit vorliegt. Das Betriebsrentenrecht sei deshalb für Organmitglieder insoweit abdingbar, als den Tarifvertragsparteien Abweichungen erlaubt seien (BAG, AP Nr. 20 zu § 1 BetrAVG Beamtenversorgung Rn. 45).

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