HPM - 6 Jul 2020

Bundesgerichtshof: Abtretung künftiger Leistungen aus betrieblicher Altersversorgung möglich

Sachverhalt
Der Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 20.05.2020 — IV ZR 124/19) lag folgender (vereinfachter) Sachverhalt zugrunde:
Für den Arbeitnehmer war eine Direktversicherung abgeschlossen worden, die nach seinem Ausscheiden im Wege der versicherungsvertraglichen Lösung auf ihn übertragen wurde. In der Folgezeit trat der Arbeitnehmer (= Versicherungsnehmer) seine Ansprüche aus der Versicherung zur Sicherheit an eine Bank ab; die Abtretung wurde dem Versicherer angezeigt.

Später erwirkte ein Gläubiger des Arbeitnehmers gegen diesen einen sog. Vollstreckungsbescheid — zur Durchsetzung einer gerichtlich festgestellten Forderung — und wollte sich mit einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Direktversicherung pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Der Versicherer machte insoweit geltend, dass diese vom Gläubiger betriebenen Zwangsvoll-streckungsmaßnahmen wegen der vorausgegangenen Abtretung unwirksam seien.
Die Versicherung zahlte nach Eintritt des Leistungsfalls die Ablaufleistung aufgrund der Abtretung an die Bank. Hiergegen wehrte sich der Gläubiger mit seiner Klage.

Entscheidung
Der BGH hat entschieden, dass ein mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedener Arbeitnehmer berechtigt ist, seine künftigen Ansprüche gegen die Direktversicherung abzutreten. Zwar unterliegt der — hier im Wege der versicherungsvertraglichen Lösung auf den Arbeitnehmer übertragene — Versicherungsvertrag den sog. Verfügungsbeschränkungen des § 2 Abs. 2 Satz 4-7 BetrAVG, d.h. es gilt bezogen auf den durch die Beitragszahlungen des Arbeitgebers (= betrieblich) finanzierten Teil der Versorgung ein Abtretungs-, Beleihungs- und Kündigungsverbot.

Die Abtretung zielt als sog. Vorausabtretung aber auf die mit Eintritt des Leistungsfalls fälligen, künftigen Ansprüche. Die Verfügungsbeschränkungen nach § 2 Abs. 2 Satz 4-7 BetrAVG dienen jedoch lediglich dazu, zu verhindern, dass der Arbeitnehmer die Anwartschaft vorzeitig liquidiert und somit für andere Zwecke verwendet. Aus diesem gesetzlichen Schutz der Versorgungsanwartschaft folgt jedoch nicht, dass dem Arbeitnehmer im Versorgungsfall die entsprechenden Leistungen auch zufließen müssen. Insoweit ist eine Abtretung der künftigen Leistungsansprüche als Abtretung einer künftig fällig werdenden Forderung möglich.

Praxishinweise

  • Die Verfügungsverbote nach § 2 Abs. 2 Satz 4-7 BetrAVG beziehen sich also nur auf den Schutz der Versorgungsanwartschaft und nicht auf die hieraus resultierenden, künftigen Versorgungsleistungen.

    Zudem gilt das Verfügungsverbot nur für den betrieblich finanzierten Teil, nicht also für den Teil der Anwartschaft, der durch den ausgeschiedenen Arbeitnehmer im Wege der privaten Fortführung finanziert wurde.

  • Die Wertung des BGH gilt entsprechend für eine Pfändbarkeit künftiger Leistungsansprüche aus einer bAV.

  • Der Schutz der laufenden Versorgungsleistungen wird über die allgemeinen Pfändungsschutzvorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) gewährleistet. So sind laufende Versorgungsleistungen ebenso wie Arbeitseinkommen nach § 850 Abs. 2 ZPO pfändbar, allerdings nur, insoweit diese den Pfändungsfreibetrag übersteigen.

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