Marco Westermann - 29 Sep 2023

Bundesverfassungsgericht weist Richtervorlage zur Verfassungswidrigkeit des Rechnungszinses nach § 6a EStG als unzulässig zurück

  • FG Köln sah im steuerlichen Rechnungszinsfuß von 6 % einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG
  • Ein (zu) hoher Zins führt zu Besteuerung von Scheingewinnen
  • BVerfG trifft keine Entscheidung in der Sache

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 28. Juli 2023 (2 BvL 22/17) die Richtervorlage des Finanzgerichts (FG) Köln zur Verfassungswidrigkeit des Abzinsungssatzes für Pensionsrückstellungen nach § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG als unzulässig abgewiesen. Die Entscheidung wurde am 25. August 2023 mit begleitender Pressemitteilung veröffentlicht und ist hier zu finden.

Das FG Köln hatte mit der Vorlage die Verfassungsmäßigkeit des hohen Abzinsungssatzes i. H. v. 6 % für das Streitjahr 2015 bezweifelt. Es sah einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Zum Hintergrund:

Unmittelbare Pensionsverpflichtungen stellen ungewisse Verbindlichkeiten dar, für die nach § 249 HGB Rückstellungen zu bilden sind, wobei ein nach „vernünftiger kaufmännischer Beurteilung“ zu ermittelnder Erfüllungsbetrag anzusetzen ist. Zu dessen Ermittlung ist u.a. ein „marktnaher“ Durchschnittszins anzuwenden, den die Deutsche Bundesbank ermittelt (§ 253 Abs. 2 HGB). Im hier gegenständlichen Streitjahr 2015 betrug der maßgebliche Rechnungszins am 31. Dezember 3,89 % (7-jähriger Durchschnittszins).

Für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG) sind für die Gewinnermittlung grundsätzlich auch Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen zu bilden. Allerdings richtet sich der Wertansatz für die steuerlichen Rückstellungen nach den detaillierten Vorgaben des § 6a EStG und weicht daher regelmäßig vom handelsrechtlichen Erfüllungsbetrag ab. Ein wesentlicher Grund für die Abweichungen ist der gesetzlich vorgeschriebene steuerliche Rechnungszinsfuß. Nach § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG ist zur Ermittlung des Teilwerts einer Pensionsverpflichtung in der Steuerbilanz ein Rechnungszinsfuß in Höhe von 6 % anzuwenden. Je höher der Rechnungszinsfuß ist, desto niedriger ist die steuerrechtliche Pensionsrückstellung.

Im Oktober 2017 legte das FG Köln dem BVerfG die Frage vor, ob § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG in der im Streitjahr 2015 geltenden Fassung mit der Verfassung vereinbar ist. Das FG Köln hielt die Vorschrift für verfassungswidrig, soweit darin ein Rechnungszinsfuß von 6 % vorgeschrieben wird. Nach der Auffassung des FG Köln sei dies nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Die 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG hat die Vorlage des FG Köln für unzulässig erklärt. Die Vorlage sei unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG genüge. Details zur Begründung können der oben verlinkten Pressemitteilung des BVerfG und dem dort ebenfalls zu findenden Beschluss entnommen werden.

Fazit:


Seit vielen Jahren fordert die Wirtschaft eine Absenkung des, aufgrund der Niedrigzinsphase über Jahre zu hoch erscheinenden, Rechnungszinsfußes nach § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG, um die Versteuerung von Scheingewinnen zu vermeiden. Aufgrund der Vorlage des FG Köln bestand Hoffnung, dass die Forderungen durch ein Urteil des BVerfG untermauert werden und ein entsprechender Handlungsauftrag an den Gesetzgeber formuliert wird. Diese Hoffnung wurde mit dem Beschluss des BVerfG nun zunächst zunichte gemacht – weitere Richtervorlagen zu diesem Thema sind uns nicht bekannt.

Es ist kaum zu erwarten, dass die Politik den Ball aufnimmt und von sich aus eine Neuregelung des Rechnungszinsfußes nach § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG vorantreibt. Zum einen baut sich die Differenz zwischen dem steuerlichen und dem handelsrechtlichen Zinsfuß aufgrund der zwischenzeitlich gestiegenen Zinsen ab, was den politischen Druck mindern dürfte. Zum anderen würde ein Absenken des Rechnungszinsfußes nach § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG zu Steuerausfällen führen, was in Anbetracht der gegenwärtigen Haushaltssituation kaum gewünscht sein dürfte.

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