Livia Schäfer - 31 Mär 2022

Exkurs Sozialversicherungsrecht: Neues Statusfeststellungsverfahren ab 01.04.2022

  • Vereinfachung des Verfahrens zur Statusfeststellung durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund)
  • Die Entscheidung erfolgt künftig nur zur Frage des Erwerbsstatus, nicht mehr zur evtl. Versicherungspflicht
  • Bindung der Einzugsstelle an die Entscheidung der DRV Bund zur Statusfeststellung
  • Eine Statusfeststellung ist künftig bereits vor Beschäftigungsbeginn möglich

Zum 01.04.2022 wird das bisherige sozialversicherungsrechtliche Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV zur Feststellung, ob eine versicherungspflichtige abhängige Beschäftigte oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, wesentlich verändert. Ziel der Statusfeststellung ist es grundsätzlich, frühzeitig Klarheit über die Sozialversicherungspflicht des Auftragnehmers/Arbeitnehmers zu erreichen, um etwaige spätere Beitragsnachforderungen, z.B. im Falle einer Rückabwicklung einer Scheinselbständigkeit, zu vermeiden. Weiterhin gilt auch künftig, dass sowohl der Arbeitgeber/Auftraggeber als auch der Arbeitnehmer/Auftragnehmer die Statusfeststellung fakultativ beantragen können. Dagegen ist die Statusfeststellung obligatorisch durchzuführen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist, vgl. § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV.

Durch die gesetzlichen Neuerungen werden jetzt verfahrensrechtliche Erleichterungen eingeführt, um schneller und unbürokratischer Rechtssicherheit zu erhalten. Mit der Gesetzesänderung sind dagegen keine inhaltlich-materiellen Änderungen im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen einer abhängigen Beschäftigung und einer selbständigen Tätigkeit verbunden.

Die wesentlichen Neuerungen:

  • Statt der bisherigen Entscheidung über die Versicherungspflicht erfolgt im Statusfeststellungsverfahren künftig nur noch eine isolierte Entscheidung über den Erwerbsstatus (Beschäftigter/Selbstständiger). Das heißt mit der Statusfeststellung wird künftig keine Entscheidung mehr über eine mögliche Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung getroffen. Diese nachfolgende Frage der Versicherungspflicht muss der Arbeitgeber also dann ggf. mit der Einzugsstelle klären

  • Für das neue Statusfeststellungsverfahren wurde gesetzlich klargestellt, dass die Entscheidung der DRV und Bindungswirkung gegenüber den anderen Versicherungsträgern hat, was insbesondere im Rahmen einer Betriebsprüfung von großer Bedeutung ist.

  • Neu ist, dass das Statusfeststellungsverfahren künftig bereits vor Aufnahme der Tätigkeit beantragt werden kann. Sollten die (späteren) tatsächlich gelebten Verhältnisse von den bei Antrag vorgelegten Unterlagen abweichen, knn die Prognoseentscheidung grundsätzlich mit Wirkung für die Zukunft wieder aufgehoben werden. Die Beteiligten haben entsprechende Änderungen der DRV Bund unverzüglich mitzuteilen. Wird der Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht unverzüglich nachgekommen, wird die Entscheidung rückwirkend zum Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme aufgehoben.

  • Neu eingeführt wird auch eine sog. Gruppenfeststellung für mehrere vergleichbare Auftragsverhältnisse auf Grundlage im Wesentlichen einheitlichen Vereinbarungen; bislang war insoweit jeweils ein gesondertes Anfrageverfahren durchzuführen. Die DRV Bund erteilt eine sog. gutachterliche Äußerung, der allerdings keine Bindungswirkung für die anderen Sozialversicherungsträger zukommt. Sollte sich allerdings nachträglich durch diese Träger eine abweichende Bewertung ergeben, ist der Arbeitgeber jedoch vor rückwirkenden Beitragsnachforderungen geschützt, wenn der Auftragnehmer eine ausreichende Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung entspricht; Deckungsgleichheit ist insoweit nicht erforderlich. Die gutachterliche Äußerung der DRV Bund gilt allerdings nur für innerhalb der nächsten zwei Jahre begründete Auftragsverhältnisse.

  • Eine Statusfeststellung ist künftig auch bei Dreiecksverhältnissen, z.B. beim Einsatz von Fremdpersonal durch Dienst- oder Werkverträge oder im Rahmen einer Arbeitsvermittlung, möglich. Bislang konnte die Statusfeststellung nur bezogen auf jeweils ein Rechts- bzw. Vertragsverhältnis, also nur zwischen zwei Parteien, durchgeführt werden.

  • Die Verfahren zur Prognoseentscheidung, zur Gruppenfeststellung und zur Beurteilung von Auftragsverhältnissen unter Beteiligung eines Dritten (Dreiecksverhältnisse) sind vom Gesetzgeber befristet worden und treten automatisch zum 30.06.2027 wieder außer Kraft.


Die DRV Bund hat bis 31.12.2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei Anwendung der gesetzlichen Neuerungen vorzulegen.

Fazit
Die neuen Verfahrenserleichterungen sowie insbesondere die Prognoseentscheidung bieten den Arbeitgebern ein einfaches Instrument zur Klärung des Erwerbsstatus und sorgen damit für mehr Rechtssicherheit.

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