Christel Mayer - 29 Sep 2023

Gleichzeitiger Bezug von Leistungen aus einer Pensionszusage und Gehalt bei Wiederaufnahme der Geschäftsführertätigkeit nach Auffassung des Bundesfinanzhofs grundsätzlich zulässig

  • BFH-Urteil vom 15.03.2023, I R 41/19
  • Keine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA), wenn ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer (bGGF) bei Weiterbeschäftigung neben der betrieblichen Pensionszusage ein reduziertes Gehalt bezieht
  • Voraussetzung: Gehaltszahlung überschreitet nicht die Differenz zwischen betrieblicher Versorgungsleistung und den letzten Aktivbezügen

Der Fall:
Streitig war, ob die an den bGGF neben dem Gehalt gezahlte Altersversorgung als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu berücksichtigen ist. Der alleinige GGF erhielt in 1994 von der GmbH (Klägerin) eine Versorgungszusage, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Vollendung des 68. Lj. eine lebenslange Altersrente vorsah. In 2010 wurde die Geschäftsführeranstellung des GGF (damals 68 Jahre alt) durch Kündigung beendet und der GGF wurde als Geschäftsführer abberufen. Da seine Nachfolgerin in Konflikte mit Auftraggebern geriet, wurde der Versorgungsberechtigte ein halbes Jahr später wieder zum Geschäftsführer bestellt. Nach dem Anstellungsvertrag wurde sein Monatsgehalt von bisher brutto 8.000 EUR auf 1.000 EUR gesenkt. Die Versorgungszahlungen von 2.300 EUR monatlich blieben unberührt.

Das Finanzamt (FA) berücksichtigte (Streitjahr 2015) die zusätzlich zum Geschäftsführergehalt gezahlten Versorgungsleistungen als vGA. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Die gleichzeitige Zahlung von Gehalt und Versorgung halte einem Fremdvergleich stand. Die Neueinstellung des Versorgungsberechtigten sei allein im Interesse der GmbH erfolgt.

Die Versorgung und das Gehalt in 2015 machten nur 26 % der Gesamtbezüge des Jahres 2009 aus, d.h. des letzten Kalenderjahres, in dem der GGF seine Geschäftsführung ganzjährig ausgeübt haben.

Entscheidung:
Der BFH bestätigt die Auffassung des FG. Die Zahlung der Altersrente neben dem Gehalt hält den Anforderungen sowohl des formellen als auch des materiellen Fremdvergleichs stand.

Begründung:

Fremdvergleich
Bei Begünstigung eines bGGF kann eine vGA vorliegen, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn (oder an eine ihm nahestehende Person) erbringt, für die es an einer klaren und eindeutigen, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (formeller Fremdvergleich).
Das hiervon abweichende Verhalten indiziert sodann die Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis bzw. dass die Gesellschaft den Vorteil bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (materieller Fremdvergleich).

Formeller Fremdvergleich
Die Voraussetzungen des formellen Fremdvergleichs sind im Streitfall erfüllt. Das FG hat die zivilrechtlichen Voraussetzungen für die Zahlung der Altersrente durch die Aufhebung des ursprünglichen und den Abschluss des neuen Anstellungsvertrags bejaht. An diese Würdigung ist der BFH gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Die Zahlung der Altersrente kann allein von dem Erreichen der Altersgrenze (hier 68 Jahre) abhängig gemacht werden. Die Beschäftigung aufgrund eines anderen Dienstverhältnisses oder in einer anderen Funktion als Berater bleibt daneben möglich (BFH v. 23.10.2013, I R 60/12, BStBl II 2015 S. 413).

Materieller Fremdvergleich
Grundsätzlich schließen sich bei einer Weiterbeschäftigung die uneingeschränkten Zahlungen von Versorgung und laufendem Gehalt grundsätzlich aus. Denn ein ordentlicher Geschäftsleiter würde verlangen, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Geschäftsführertätigkeit auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat (BFH v. 23.10.2013, I R 60/12, BStBl II 2015 S. 413).

Weiterbeschäftigung bei reduziertem Gehalt
Allerdings würde ein ordentlicher Geschäftsleiter nicht erwarten, dass ein "pensionierter" Geschäftsführer "umsonst" weiterarbeitet. Vielmehr wäre er grundsätzlich bereit, für die (zusätzlichen) Dienste aufgrund der fortgeführten oder wieder aufgenommenen Tätigkeit als Geschäftsführer neben der Versorgung ein Gehalt bis zur Höhe der Differenz zwischen der Versorgung und den letzten Aktivbezügen zu zahlen. Der Versorgungscharakter der Versorgungszahlungen bleibt unter diesen Voraussetzungen grundsätzlich erhalten.

Kürzung des "unschädlichen" Betrags
Allerdings kann eine Weiter- oder Folgebeschäftigung mit reduzierten Arbeitszeiten/Aufgabenbereichen dazu führen, dass die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen im Verhältnis zu der reduzierten Arbeitszeit unangemessen hoch erscheint und dementsprechend eine vGA auslöst. In einem solchen Fall wäre eine anteilige Kürzung dieses ("unschädlichen") Differenzbetrags erforderlich. Im Streitfall kann die Frage einer möglichen Kürzung dahinstehen. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine Reduzierung der Arbeitszeiten/Aufgabenbereiche des GGF in einem solchen Umfang, dass eine Kürzung gerechtfertigt wäre, zumal er nach Abschluss des neuen Anstellungsvertrags wieder alleiniger Geschäftsführer war. Im Übrigen betrug die Summe von Versorgung und neuem Gehalt im vorliegenden Fall lediglich 26 % der letzten Aktivbezüge. Damit ist die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen, die grundsätzlich für die Zahlung eines Gehalts ohne vGA-Folgen zur Verfügung steht, bei Weitem nicht ausgeschöpft.

Hinweis: Keine vGA wegen "doppelten Fremdvergleichs"

Der Ansatz einer vGA lässt sich nicht unter Hinweis auf die Rechtsprechung zum sog. doppelten Fremdvergleich (vgl. z.B. BFH v. 11.9.2013, I R 28/13, BStBl II 2014 S. 726) bereits daraus herleiten, dass ein Dritter nicht tätig geworden wäre, wenn er hierfür nur eine "Anerkennungsvergütung" (hier monatlich 1.000 EUR) erhalten hätte. Eine vGA kann nicht allein damit begründet werden, dass der Geschäftsführer nur ein unüblich niedriges (zusätzliches) Gehalt erhält. Der doppelte Fremdvergleich nimmt dem Gesellschafter nicht die Möglichkeit, gegenüber der Kapitalgesellschaft Dienstleistungen oder Nutzungsüberlassungen unter Marktwert zu erbringen (BFH v. 17.5.1995, I R 147/93, BStBl II 1996 S. 204).

Fazit:
Das Urteil ist richtungsweisend für die Praxis und bietet Orientierungsleitplanken für Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Gestaltung des „Ausstiegs“ aus dem Unternehmen. Ein uneingeschränkter paralleler Bezug von Aktivbezügen und Versorgungsleistungen hält dem Fremdvergleich nicht stand. Eine Anrechnung muss erfolgen. Wenn ein GGF seine Tätigkeit nach Renteneintritt wieder aufnimmt, ist dies ohne steuerliche Nachteile möglich, wenn die Folgetätigkeit den gleichen Umfang wie vor Renteneintritt hat und die Gesamtzahlungen aus Versorgungsbezügen und Gehalt die Summe der früheren Gehaltszahlungen nicht übersteigt. Die Vereinbarung eines unüblich niedrigen Gehalts führt nach Auffassung des BFH nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Gestaltung oder Überprüfung Ihrer betrieblichen Altersversorgung.

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